Ein Held kann in seinen cineastischen Ausflügen nur so qualitativ ansprechend sein, wie die — oft enttäuschend begrenzten – Visionen des zuständigen Produktionsstudios zulassen. Im Falle von Sony bedeutete das, die gleiche Idee nur an entsprechenden Eckpunkten zu verändern, sodass Fans, bestenfalls ohne es selbst zu bemerken, die gleiche, lauwarme Suppe immer und immer wieder löffeln … hat nicht so gut geklappt. Marvel steht nun vor dem fast unmöglichen Auftrag, Spider-Man nach mehreren Anläufen wieder attraktiv zu gestalten und in das Cinematic Universe mit einzubauen.
Inhalt von Spider-Man: Homecoming — Unsere spoilerfreie Kritik
Ein Held kann in seinen cineastischen Ausflügen nur so qualitativ ansprechend sein, wie die — oft enttäuschend begrenzten – Visionen des zuständigen Produktionsstudios zulassen. Im Falle von Sony bedeutete das, die gleiche Idee nur an entsprechenden Eckpunkten zu verändern, sodass Fans, bestenfalls ohne es selbst zu bemerken, die gleiche, lauwarme Suppe immer und immer wieder löffeln … hat nicht so gut geklappt. Marvel steht nun vor dem fast unmöglichen Auftrag, Spider-Man nach mehreren Anläufen wieder attraktiv zu gestalten und in das Cinematic Universe mit einzubauen.
Besserer Ansatz
Nachdem Peter Parker (Tom Holland) bereits in „Civil War“ zu sehen war, knüpft „Spider-Man: Homecoming“ direkt an diese Ereignisse an und übergeht gezielt die übliche Origin-Geschichte. Ein Akt, für den vor allem schnöselige Kritiker Marvel äußerst dankbar sind — noch eine Ansprache von Onkel Ben und ich hätte mich freiwillig von einem Verbrecher erschießen lassen.
Nichtsdestoweniger nimmt sich das Werk von Regisseur Jon Watts genügend Zeit, die Hauptfigur und seine Welt zackig, jedoch unterhaltsam und ausreichend detailliert/interessant einzuführen und mit den bisherigen Ereignissen im Marvel Cinematic Universe zu verknüpfen. Eine selbst gestellte Aufgabe, von der ich ehrlich gesagt fast schon überzeugt gewesen bin, sie müsse zwangsläufig in die Hose gehen. Doch alles in allem ist „Homecoming“ solide geschrieben und äußerst unterhaltsam.
Gleichzeitig aber auch auf ein deutlich jüngeres Publikum ausgelegt als andere Vertreter des MCU. Das gilt für die titelgebende Figur gleichermaßen wie für den Humor und die dramaturgischen Tiefen. Unter Watts Regie ist eine Geschichte entstanden, die ihr eigenes Publikum sucht und sich den anderen Titeln dieses Franchise gleichermaßen anpasst wie entzieht. Diese Zielsetzung wird mit den Entscheidungen der Figuren und dem finalen Ausgang der Geschichte deutlich untermalt und abgerundet.
Das Grundkonzept der Ereignisse ist alles andere als komplex oder sonderlich einfallsreich, dafür jedoch auch bodenständiger und leichter nachvollziehbar. Dadurch erreichen die verschiedenen Charaktere zwar keine sonderlich erwähnenswerten Tiefen und der Kern der Geschichte dient lediglich der Unterhaltung — Popcornkino würden einige sagen -, gleichsam verstrickt sich „Spider-Man: Homecoming“ so aber auch nicht in schwachsinnige Wendungen und aneinandergereihte Logikfehler.
Der ultimativen Tragik einmal eine Auszeit gönnen, tief durchatmen und sich gut unterhalten lassen. Mehr oder weniger ist dieser Film nicht und will es auch gar nicht sein. Ein Umstand, den ich der Geschichte, den Dialogen und den Verknüpfungen mit dem MCU jederzeit ansehen konnte. Das gibt dem ganzen Werk eine Natürlich- und Selbstverständlichkeit, die in anderen Superheldenfilmen der letzten Jahre schmerzlich zu missen waren.
Ein Akt mit dem Akt
Mit einer gehörigen Ladung Klischees, Anspielungen auf eine bekannte Teenie-Komödie eines vergangenen Jahrzehnts und einem kleinen bis mittelgroßen Staraufgebot, geht „Spider-Man: Homecoming“ an die Linie und läuft nach dem Startschuss eher joggend als um ein Treppchen streitend. Keine Frage, die Stars dieses Werks hängen die Messlatte mit ihrem Einsatz recht hoch, passen ihren Elan gleichsam jedoch der Geschwindigkeit und Zielrichtung des Films an.
Tom Holland („The Impossible“, „Im Herzen der See“, „How I Live Now“) setzt die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft ehrlich, mit viel Spaß an der Freude und deutlich stärkeren Akzenten in Sachen Comicvorlage um als es seine Vorgänger je geschafft hätten. Er ist für die Rolle des Peter Parker genauso geboren, wie Benedict Cumberbatch für den Part des „Doctor Strange“ und Robert Downey Jr. („Marvel´s The Avengers“, „Natural Born Killers“, „Kiss Kiss Bang Bang“) als „Iron Man“.
Letzterer hat als Protegé des Helden und Dreh- und Angelpunkt des jüngeren Marvel Cinematic Universe natürlich eine gewichtige Rolle in diesem Film, drängt sich jedoch zu keiner Zeit in den Vordergrund und gibt dem jungen Talent an seiner Seite jeglichen Freiraum dieses Werk unter eigener Flagge für sich zu beanspruchen. Downeys Auftritte sind dezent, typisch und auf das Wesentliche beschränkt. Kein Avengers 2.9 — dafür tausend Dank.
Michael Keaten („Batman“, „Birdman“, „Beetlejuice“) als Antagonist Vulture ist eine Sache für sich. Erst spielt dieser Mann einen geflügelten Helden und wird aufgrund dieses Akts für immer als Batman abgestempelt. Jahrzehnte später verkörpert er einen Schauspieler mit genau dieser Vergangenheit und kehrt damit selbstironisch in ein geflügeltes Kostüm zurück … Und nun steht er Spider-Man als fliegender Gegenspieler gegenüber. Warum ist Michael Keaton so gerne in der Luft?
Keatons Rolle ist schlicht, aber nicht zweidimensional. Sie ist so solide und empathisch erreichbar wie ein ganz normaler Gangster aus der Nachbarschaft. Mit Gefühlen, Beweggründen, Familie, Träumen, Hoffnungen und dem ganzen Kram, der uns eben zu so uninteressanten jedoch einzigartigen, kleinen Butterblumen macht. Vom schauspielerischen Können her auf oberstem Niveau an- und umgesetzt. Erwartet trotzdem keinen oscarverdächtigen Auftritt, denn wie das gesamte Drehbuch ist auch Ex-Batmans Performance … simpler.
Kaboom
Ganz zum Schluss noch ein/zwei Sätze zu all den Dingen, die euch gar nicht interessieren. Tricktechnik in diesem Film ist erstklassig, wenn auch nicht über jede Kritik erhaben. In Sachen 3D erhaltet ihr die gleichen, schwammigen und verwischten Actionszenen, die ihr von diesem „Feature“ schon kennen dürftet. Dafür sehen ruhigere Passagen sehr ansprechend aus. Die Bildeinstellungen sind schlicht im Alltag und auf Bombast in schnelleren Sequenzen abgestimmt — aus technischer Sicht macht „Spider-Man: Homecoming“ nichts falsch, gleichzeitig jedoch auch nichts besonders.
Fazit
Tom Holland hat eine Art und Energie, die der Figur des Spider-Man in den letzten Jahren stets gefehlt hat. Sein Kurzauftritt in „Civil War“ wird von diesem Solo-Abenteuer zur Gänze bestätigt und Marvel ist es mit einem kleinen, bodenständigen und auf das Wesentliche konzentrierenden Geniestreich gelungen, die berühmte Spinne wieder aufleben zu lassen. „Spider-Man: Homecoming“ ist ein Heldenfilm aus dem Alltag, mit den deutlich spürbaren Allüren eines künftigen MCU-Stars.
Kein Höhenflug in Sachen Erzählstil und Grundkonzept, dafür locker-leichte Unterhaltung für all jene, die nicht bereits kribbelnde Finger und Blutstau in Erwartung von „Infinity War“ beim Arzt angeben müssen.
Bewertung: 4/5****
Filmktik von Heiner “Gumpi” Gumprecht, 06.07.2017