Filmkritik zu Dritte Person

Kreative Schaffensprozesse auf der großen (oder kleinen) Leinwand darzustellen ist keine leichte Aufgabe. Wie tickt der Kopf eines Künstlers, woher zieht er seine Inspiration und wie kann das alles sinnvoll und unterhaltsam einem Zuschauer präsentiert werden. Jeder weiß, nicht jeder Gedankensprung macht Sinn und von manchen Inspirationsquellen hätte man lieber die Finger lassen sollen.

Inhalt von Filmkritik zu Dritte Person

Kreative Schaffensprozesse auf der großen (oder kleinen) Leinwand darzustellen ist keine leichte Aufgabe. Wie tickt der Kopf eines Künstlers, woher zieht er seine Inspiration und wie kann das alles sinnvoll und unterhaltsam einem Zuschauer präsentiert werden. Jeder weiß, nicht jeder Gedankensprung macht Sinn und von manchen Inspirationsquellen hätte man lieber die Finger lassen sollen.

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Ein mutiger Ansatz eines ambitionierten Künstlers

Dieser Gedankengang allerdings bildet den Überbau in Pauls Haggis’ „Dritte Person“ (Originaltitel „Third Person“). Als hätte es der Ex-Scientologe in Hollywood nicht schon schwer genug, belastet er sein aktuelles Werk also auch noch mit einem sehr schweren und theoretischen Thema. Diese „Belastung“ macht es dem Zuschauer leider nicht immer leicht über 136 Minuten dem episodenhaft verknüpften Film zu folgen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Zuschauer nach und nach den Eindruck gewinnt, Paul Haggis würde es einem auch nicht im Ansatz einfach machen wollen, seinen neuen Film „Dritte Person“ zu mögen. „Dritte Person“ wirkt in vielen Momenten gekünstelt, zwanghaft in Form gepresst, vertrackt, langwierig und humorlos. Dennoch ist „Dritte Person“ kein unwichtiger Film — zumindest dann nicht, wenn man sich damit auseinandersetzen möchte, was die wirklich kreativen Köpfe Hollywoods antreibt und in Bewegung hält. Paul Haggis darf sich sicherlich zu diesen zählen. Nicht nur als Regisseur, sondern auch als Drehbuchautor. Den Filmen vieler seiner Kollegen und Kolleginnen ist nur zu deutlich anzumerken, dass sie zwar wissen, wie Emotionen funktionieren, sie aber soweit abgestumpft sind, dass sie diese nur noch als hohle Phrasen zum Selbstzweck auf die Leinwand zaubern. Paul Haggis aber steht hinter seinen Werken und verärgert damit sein Umfeld. Der bekennende Scientologe a. D. tut dies nicht immer mit voller Absicht. Als sein Film „Crash“ 2005 „Brokeback Mountain“ den Oscar für „Bester Film“ nahm, hatte er sich sicherlich nicht ausgemalt als der Buhmann der ganzen Veranstaltung zu enden. Auch als Schreiber hat der Kanadier Paul Haggis einige Belege seines Könnens abgeliefert. Die Zusammenarbeiten mit Clint Eastwood „Millione Dollar Baby“ und „Letters from Iwo Jima“ sind ohne Frage ausgezeichnet. „Im Tal von Elah“ unterstreicht erneut sein Talent als Regisseur und die heutige Bond-Reihe wäre ohne seine Feder in „Casino Royal“ und „Ein Quantum Trost“ gewiss auch nicht die, die viele Fans der nie enden wollenden Geschichten um Geheimagent 007 zu schätzen wissen. Paul Haggis Schreibe ist sehr ambivalent, kann aber auch direkt aus seinem Inneren kommen. „72 Stunden — The Next Three Days“ mit Russel Crowe gilt in den Augen vieler Kritiker als seine persönliche Abrechnung mit dem Ausstieg aus dem Hollywood in vielen Belangen beeinflussenden Scientologiekult. Aus wirtschaftlicher Hinsicht wird sich Paul Haggis keinen Gefallen getan haben, diese Verbindung mit hochkarätigen Darstellern, einflussreichen Produzenten und anderweitig liquiden Geldgebern abgebrochen zu haben.

Zu viel, zu sehr gewollt

Warum aber sollte man sich denn nun „Dritte Person“ angucken, auch wenn es ein Film ist, der eben nicht so richtig schmecken möchte? Das Thema um das Ringen mit der eigenen Kreativität macht eben einiges an Reiz des Films aus. Paul Haggis setzt hier auf einen alten Bekannten, der nach langen Stopps im Actionbereich auch mal wieder durch sein Schauspiel glänzen darf. Liam Neeson spielt Michael, einen gefeierten Autor, der in seinem noblen Hotelzimmer in Paris mit einer Schreibblockade zu kämpfen hat. Widmet sich der Pulitzerpreis-Gewinner nicht seinem Buch, seinen Zigaretten oder dem nächsten Glas Wein, führt er ein zynisches Hin und Herspiel mit seiner Geliebten Anna (Olivia Wild), einer jungen Soiciety Journalistin, mit der er eine offensichtlich nicht hundertprozent gesunde Beziehung führt, seitdem er seine Frau Elaine (Kim Basinger) verlassen hat. Insbesondere das Zusammenspiel von Liam Neeson und Olivia Wild ist hervorragend und sehr sehenswert. Liam Neeson verleiht dem Autor Michael eine rumorende und raubtierhafte Aura, während Olivia Wild ihrem Charakter einen leicht manisch-depressiven Anstrich verpasst und den Eindruck einer Person vermittelt, die sich nur allzu bereitwillig von Michael für Sex ausbeuten lässt und deren vertraute Dialoge er ungefragt für sein jüngstes Werk missbrauchen kann.

Dann aber beginnt sich Paul Haggins in zu vielen dritten Personen und Nebensträngen zu verheddern und den Zuschauern mit diesen zu verwirren. In Rom erzählt er eine Geschichte um den Modespion Scott (Adrien Brody). Dieser scheint nichts mehr zu hassen, als sich in der Hauptstadt Italiens zu befinden. Als Scott endlich einen Laden gefunden zu haben scheint, der ihn an die USA erinnert, einer „Bar Americano“ muss er erneut feststellen, dass ihn in diesem Land niemand verstehen möchte. Hier allerdings trifft auf Monika und entscheidet sich nach einigem Für und Wieder gegen seine Natur als Egoist zu handeln und beschließt Monika dabei zu unterstützen ihre Tochter von rumänischen Schleusern freizukaufen. In New York wiederum versucht sich Julia (Mila Kunis) als Zimmermädchen durch ihr in Scherben liegendes Leben zu schleppen, während sie sich in einem hässlichen Sorgerechtsstreit mit ihrem Ex-Mann Rick (James Franco) befindet. Dieser verweigert der jungen Frau nach einem Vorfall jegliche Besuchsrechte, egal wie sehr sich Julias Anwältin Theresa (Maria Bello) auch ins Zeug legt.

Alle diese Geschichten sind, mal mehr mal weniger offensichtlich, mit einander verknüpft. Viele dieser Verbindungen finden auf einer rein optischen Ebene statt. Hotelzimmer in New York und Paris sind mit Blumen angefüllt, lösen aber völlig andere Reaktionen aus. Türen öffnen sich in sehr ähnlichen Momenten und die tragische Gemeinsamkeit scheint der Verlust eines Kindes zu sein. Wo aber Neesen und Wild, beide hervorragend in ihren Rollen, gut aufspielen können, werden die anderen Darsteller förmlich unter dem überladenen Plot begraben. Schlimmer noch, die sich parallel entwickelnden Geschichten um Verlust und zerbrochene oder zerbrechende Beziehungen sind zwar verwoben, münden aber in einem Schluss, der scharf entlang der Grenze zum Wahnsinn liegt. Nach 136 Minuten filmischem Aufbau und Hinarbeit auf ein befriedigenden Abschluss, ist eine intellektuelle Anspielung weitaus weniger, als man sich als Zuschauer verdient hat und löst bei vielen Zuschauern Enttäuschung auf „Dritter Person“ aus.

Fazit

Paul Haggis Film „Dritter Person“ ist ein ambitioniertes Werk. Der Film lebt sehr davon sich sogar in seinen wenigen, komischen Momente, völlig fern von Ironie zu bewegen. Die Darsteller sind gut, wenn auch in großen Teilen von der Handlung erschlagen. Was unterm Strich dabei herauskommt, ist leider ein dahinmeanderndes Werk, das viel zu sehr auf einer Rückbesinnung zu Ereignissen in der Handlung fußt, als sich darauf zu konzentrieren, was eigentlich gerade auf der Leinwand erzählt wird.

Bewertung: zwei von möglichen fünf Sternen.**

Filmkritik von Julius, 02.12.2014

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