„Tod auf dem Nil“ Filmkritik: Die Rückkehr des Schnauzbarts

Vor beinahe fünf Jahren kam mit „Mord im Orient Express“ eine Adaption von Agatha Christies gleichnamigen Roman in die Kinos, der die Kritiker*innen sowie Zuschauer*innen weltweit in ihrer Meinung gespalten hat. Die eine Seite empfand das Werk, bei dem Kenneth Branagh sowohl die Regie geführt als auch die Hauptrolle eingenommen hat, als flotte Neuerzählung mit vielen interessanten Abänderungen, andere sahen darin eher ein Zerfleddern des Bestsellers und empfanden den kompletten Film als unnötig.

Inhalt von „Tod auf dem Nil“ Filmkritik: Die Rückkehr des Schnauzbarts

von Heiner Gumprecht | 07.02.2022

Vor beinahe fünf Jahren kam mit „Mord im Orient Express“ eine Adaption von Agatha Christies gleichnamigen Roman in die Kinos, der die Kritiker*innen sowie Zuschauer*innen weltweit in ihrer Meinung gespalten hat. Die eine Seite empfand das Werk, bei dem Kenneth Branagh sowohl die Regie geführt als auch die Hauptrolle eingenommen hat, als flotte Neuerzählung mit vielen interessanten Abänderungen, andere sahen darin eher ein Zerfleddern des Bestsellers und empfanden den kompletten Film als unnötig.

Nichtsdestoweniger war Branaghs Werk weitgehend ein finanzieller Erfolg und der britische Filmemacher hatte so viel Spaß in seiner Rolle als Bluthund mit dem imposanten Schnauzbart, dass ein zweiter Film nicht einmal mehr eine Frage der Zeit, sondern eine bestimmte Sache war. Am 10. Februar 2022 ist es schließlich soweit und mit Tod auf dem Nil kommt das Sequel, auf das sich einige Kinogänger*innen bereits freuen, während andere verhalten den Kopf schütteln. Ob deren Sorge berechtigt ist, verraten wir euch in dieser Filmkritik.

Tod auf dem Nil: Zur Handlung

Nachdem Hercule Poirot, einer der berühmtesten Detektive der Welt, den komplexen Mordfall im Orient Express gelöst hat, sucht er etwas Abstand von seiner Arbeit und macht Urlaub in Ägypten. Hier begegnet er nicht ganz zufällig seinem alten Freund Bouc (Tom Bateman), der ihn einer illustren Truppe vorstellt, die zu einem frisch vermählten Ehepaar in den Flitterwochen gehört. Bei der Braut handelt es sich um niemand geringeres als die schwerreiche Linnet Ridgeway Doyle (Gal Gadot).

Die Dame steht jedoch unter enormer Anstrengung, denn die Ex-Verlobte (Emma Mackey) ihres Ehemanns verfolgt das turtelnde Pärchen auf Schritt und Tritt und niemand kann sagen, wie weit die Verschmähte bereits ist zu gehen, um ihren Geliebten zurückzugewinnen. Schließlich lässt sich Poirot überreden, sich der Kreuzfahrt auf dem Nil anzuschließen, doch ahnt der hochintelligente Mann bereits, dass es sich dabei um keine ruhige Urlaubstour handeln wird. Schließlich geschieht tatsächlich ein Mord und nun muss der Bluthand erneut die Spur aufnehmen.

Tod auf dem Nil: Eine Kritik

Ob es euch gefällt oder nicht, doch von „Tod auf dem Nil“ dürft ihr im Grunde genau das gleiche erwarten wie von dem Vorgänger. Der Stil, die Charaktere und sogar das Finale ähneln dem ersten Teil stark und entsprechend wurden auch hier viele Details im Vergleich zur Buchvorlage abgeändert. Dadurch entsteht aber auch eine gewisse Kontinuität, die dafür sorgt, dass die zwei Filme wie aus einem Guss wirken, nicht zuletzt dank Schlüsselfigur Douc, die neben Poirot als wichtiges Bindeglied zwischen Teil 1 und 2 fungiert.

Leider bedeutet dieser Umstand aber auch, dass Krimifans und Hobbydetektive sich höchst wahrscheinlich die Zähne daran ausbeißen werden, den Fall vor der großen Auflösung im Finale selbst zu knacken, denn die wenigen Hinweise auf das wahre Verbrechen und die subtilen Beweise reichen vorne und hinten nicht aus, um des Rätsels Lösung zu erreichen. Dadurch verliert „Tod auf dem Nil“ für eine gewisse Zielgruppe ihren Reiz und verkommt stellenweise sogar zum blanken Popcornkino.

Wer diese Präferenzen jedoch nicht teilt, kann dennoch auf seine/ihre Kosten kommen, denn das Werk macht viele Dinge richtig, beispielsweise die Präsentation der Figuren, die durchgehend guten Dialoge, manch eine überraschende Wendung und natürlich die Hauptfigur selbst, die zwar nicht jedem gefallen wird und im ersten Teil entsprechend bereits aneckte, aber unbestreitbar interessant ist und von Kenneth Branagh durchgehend stark verkörpert wird. Und nicht zu vergessen die beinahe perfekt gewählte Musikuntermalung.

Tod auf dem Nil: Abstriche in der B-Note

Doch nicht nur Branagh macht einen formidablen Job, denn im Grunde leistet der komplette Cast gute Arbeit, mal mehr, mal weniger, doch durchgehend auf hohem Niveau. Lediglich Gal Gadot schafft es nicht, aus ihrem gewohnten Schauspiel aus 08/15-Actionkomödien und Superheldenfilmen auszubrechen. Was ihre Darbietung nicht schlecht macht, aber nur bedingt zu ihrer Rolle in diesem Film passt und dementsprechend negativ ins Gewicht fällt. Ansonsten gibt es bei der Schauspielriege aber nichts auszusetzen.

Die größten Kritikpunkte, die sich Branaghs Werk gefallen lasen muss, betreffen in erster Linie die unterdurchschnittliche Tricktechnik, die sich durch den ganzen Film zieht und in gewissen Szenen visuellem Missbrauch gleicht, und das bereits angeschnittene, übertrieben kitschige und auch weitgehend unrealistische Finale. Doch auch in dieser Hinsicht gleicht „Tod auf dem Nil“ damit seinem direkten Vorgänger und liefert im Kino im Grunde genau das ab, womit viele Kinogänger*innen bereits gerechnet haben.

Abgesehen davon kann man diesem Kriminalfilm aber nicht viel vorwerfen und im Grunde lässt sich die Frage, wem man einen Besuch im Kino empfehlen kann, einfach beantworten. Solltet ihr Mord im Orient Express bereits gemocht haben, ist es schwer vorstellbar, dass ihr mit der Fortsetzung nicht glücklich werdet. Was aber auch bedeutet, dass solche unter euch, die das Werk von 2017 nicht mochten, hier ebenfalls links liegen gelassen werden und vielleicht lieber die Verfilmung von 1978 mit Peter Ustinov gucken wollen.

Fazit

Schuster bleib bei deinen Leisten, oder so ähnlich. „Tod auf dem Nil“ ist im Großen und Ganzen genauso aufgebaut wie der Vorgänger „Mord im Orient Express“ und verfügt entsprechend weitgehend über die gleichen Stärken und Schwächen. Starke Schauspieler*innen, tolle Musikuntermalung, spannende Wendungen und ein interessanter Hauptcharakter stehen schlechtem CGI, einem unterdurchschnittlich guten Finale, unnötigen Abänderung zur Vorlage und einem Mangel an Hinweisen auf den Tathergang gegenüber.

Bewertung: 3/5***

Tipp: Ob und wann “Tod auf dem Nil” auch in deinem Lieblingskino läuft, kannst du hier erfahren.