Mike Flanagan ist ein begnadeter Autor und Regisseur, der es wie kaum ein anderer versteht, die Essenz einer Stephen-King-Geschichte auf die Leinwand zu bringen. Das beweist er mit THE LIFE OF CHUCK erneut, einem Film, der zwar ein Mysterium und auch phantastische Elemente beinhaltet, aber keineswegs Horror ist. Eher schon ist die Lebensgeschichte von Chuck Stephen Kings philosophischster Diskurs. Der Film steht diesem in nichts nach.
The Life of Chuck – Zur Handlung
Die Katastrophen häufen sich, es fühlt sich nach dem Ende von allem an. Halb Kalifornien bricht weg, Italien steht zum Teil unter Wasser, in Deutschland ist ein Vulkan ausgebrochen und nun spinnt auch noch das Internet. Bis es ganz ausfällt. Und zwischen all dem: Große Werbeplakate, auf denen es heißt: „Charles Krantz – 39 wunderbare Jahre – Danke, Chuck.“ Aber wer ist dieser Charles Krantz überhaupt und was hat er mit dem Ende allen Seins zu tun?
Wir lernen Chuck neun Monate vor seinem Tod kennen, als er einen perfekten Tag erlebt, einen grandiosen Moment, als er einfach nur tanzt.
Noch mal zurück: Chuck als Kind. Die Verluste, die er hinnehmen musste, das Leben, das ihn formte, nicht zuletzt Walt Whitmans „Gesang von mir selbst“, aber auch Carl Sagans kosmisches Jahr, das 15 Milliarden Jahre Erdgeschichte auf die 365 Tage eines Jahres umlegt.

The Life of Chuck – Eine Kritik
THE LIFE OF CHUCK erzählt von hinten nach vorne. Ein Kunstgriff, aber ein effektiver, wie schon MEMENTO zeigte. Hier sind es drei Akte, jeder führt weiter in die Vergangenheit zurück, in jedem gibt es Echos der jeweils anderen Akte. Dialogzeilen, die man schon einmal hörte, Menschen, die man schon einmal sah, Ereignisse, die miteinander korrelieren. Das Leben wird kondensiert, konzentriert auf Charles Krantz, den alle nur Chuck nennen. Es geht um die ganz großen Themen, um Verlust, Schmerz und Trauer, um Momente der Freude und der Leichtigkeit, um die Liebe und das Leben selbst, eingerahmt in eine Geschichte, die eigentlich traurig sein müsste, die aber mit poetischer Schönheit überzeugt.
Die Dialoge sind pures Gold. Die Darsteller gehen in ihnen auf. Mike Flanagan erzählt mit Verve, er hat Stephen King geradezu gechannelt, und das für einen Film, der vor allem eines ist: inspirierend. Weil es um die Schönheiten des Lebens geht, selbst in den Momenten, in denen alles andere überwiegt.
Es ist eine phantastische Geschichte. Sie müsste es nicht sein, aber King kann nicht anders, er baut ein Mysterium ein, das er nicht weiter erklärt, aber es existiert und es beeinflusst die Menschen, jedoch kaum mehr, als es das Wissen um die eigene Sterblichkeit auch tun würde. Das alles verpackt Flanagan in Bilder absoluter Schönheit, einerseits, wenn er vom Ende der Welt erzählt, andererseits, wenn er seine Titelfigur tanzen lässt. Das sind Momente, die bleiben.
Mit Tom Hiddleston als Chuck exzellent besetzt, umfasst das Ensemble aber auch Chiwetel Ejiofor und Karen Gillan als Ex-Ehepaar, das Angst vor dem Ende hat, Mark Hamill als Chucks Großvater, Heather Langenkamp als Klatschbase von nebenan, Matthew Lillard als Nachbar, Jacob Tremblay als junger Chuck, David Dastmalchian als verlassenen Mann, Carl Lumbly als Bestatter und Mia Sara als Chucks Großmutter. Sie alle sind die Vielheiten des Chuck Krantz.