Das US-amerikanische Animationsstudio Pixar hat uns in den letzten Jahrzehnten herzlich und überraschend emotional darüber aufgeklärt, wie es wäre, wenn beispielsweise Spielzeuge Gefühle hätten. Oder Autos. Oder Roboter. Ratten. Fische. Sogar, wie unser Leben aussehen würde, wenn unsere Gefühle Gefühle hätten. Es ist quasi das Markenzeichen der Pixar Animation Studios, Welten zu erschaffen, die auf fantastischen Inhalten beruhen, der Realität jedoch so nahe sind, dass wir mit praktisch jeder Figur mitfühlen können. Selbst wenn es sich um Haushaltsgegenstände mit Augen handelt.
Inhalt von „Onward: Keine halben Sachen“ Filmkritik — Pixar betritt Rollenspielwelten
Das US-amerikanische Animationsstudio Pixar hat uns in den letzten Jahrzehnten herzlich und überraschend emotional darüber aufgeklärt, wie es wäre, wenn beispielsweise Spielzeuge Gefühle hätten. Oder Autos. Oder Roboter. Ratten. Fische. Sogar, wie unser Leben aussehen würde, wenn unsere Gefühle Gefühle hätten. Es ist quasi das Markenzeichen der Pixar Animation Studios, Welten zu erschaffen, die auf fantastischen Inhalten beruhen, der Realität jedoch so nahe sind, dass wir mit praktisch jeder Figur mitfühlen können. Selbst wenn es sich um Haushaltsgegenstände mit Augen handelt.
In ihrem neuesten Werk, „Onward: Keine halben Sachen“, bleiben die 3D-Künstler dieser Herangehensweise treu, ändern jedoch ein wenig die Perspektive. Statt sich zu fragen, wie es wäre wenn Gegenstand A oder Konstrukt B ein lebendes, fühlendes Wesen ist, bedient man sich in diesem Film einer Unzahl an bereits vorhandenen Vorlagen und wirft diese alle zusammen in einen Topf. Unter der Regie von Dan Scanlos („Die Monster Uni“) beantwortet Pixar die Frage, wie eine Welt aussehen würde, in der die Regelwerke, Bücher und Comics über Drachen, Dungeons und Magie nicht bloße Fiktion sind, sondern Geschichtsbücher.
Was für solche unter euch, die „Herr der Ringe“, „Dungeons & Dragons“ und ähnliche Kost mögen, bedeutet, dass ihr eine Menge Freude mit dem neusten Werk der „Toy Story“-Macher haben werdet. Der Film ist nämlich vollgestopft mit allerlei Anspielungen, Easter Eggs und Zitaten über fast jedes größere und kleinere Fantasywerk, sowie einer ganzen Wagenladung an Ehrerbietung für allerlei Rollenspielwelten und ihren umfangreichen Regelbüchern. Zusammen mit dem Flair der 1990er Jahre, welcher den gesamten Film durchzieht, ist die Frage nach dem Zielpublikum damit wohl beantwortet.
Der halbe Vater – Zur Handlung
Die Elfen-Brüder Ian und Barley Lightfood erhalten zum 16. Geburtstag von Ian den Zauberstab ihres verstorbenen Vaters zum Geschenk. Zusammen mit einem Zauberspruch, der es ihnen ermöglichen soll, ihren Dad für einen Tag in das Land der Lebenden zurückzuholen, damit dieser sich selbst davon überzeugen kann, was für tolle Menschen seine Söhne geworden sind. Und obwohl Magie schon lange kein Bestandteil ihrer Welt mehr ist, scheint der Spruch zu funktionieren. Nun, ja. Fast. Den nachdem der Unterkörper ihres alten Herrn beschworen wurde, geht ein Teil des Stabs zu Bruch und die Magie verebbt.
Jetzt haben Ian – von Natur aus eher ängstlich und schüchtern- und sein Bruder Barley, der Geschichte liebt und in unserer Welt ein riesiger Rollenspiel-Nerd wäre, nur 24 Stunden Zeit, um das zerbrochene Stück des Stabs zu ersetzen und den Rest ihres Vaters zu beschwören. Danach kehrt er nämlich für immer in die Unterwelt zurück. Was folgt ist ein von Emotionen und Humor durchzogener Road-Trip, der die Erwartungen des Zuschauers beständig austrickst und so verdreht wie nur möglich unsere Realität und fantastische Elemente wie Elfen, den Mantikor, Zentauren und anderen Zauberwesen miteinander vermischt.
Onward: Keine halben Sachen — Eine Kritik
Um ehrlich zu sein ist „Onward: Keine halben Sachen“ ein zwar durchgehend solider Film, der aber gleichzeitig einer Handlung folgt, die eher als durchschnittlich, beinahe schon ausgelutscht bezeichnet werden kann. Eine typische Teenie-Komödie mit dramatischem Unterton, wie sie es vor knapp zwanzig bis dreißig Jahren zuhauf gab und die teilweise selbst heute noch die Fernsehlandschaft dominieren. Zugegeben, dass ist offensichtlich genau das Bild, was Pixar für uns zeichnen wollte, doch täuscht dieser Umstand nicht darüber hinweg, dass der Film zumindest handlungstechnisch nicht viel zu bieten hat.
Abseits von der grundsätzlichen 08/15-Geschichte und den damit zusammenhängenden, eher wenig überraschenden Wendungen, erwartet euch jedoch ein sehr cleveres Werk, das sich hervorragend darin versteht, mit den Erwartungen zu brechen. Diese Aussage mag zwar erst einmal widersprüchlich klingen, doch der verdrehte Mix aus Realität und fantastischen Elementen, im Zusammenspiel mit den wunderbaren Hommagen an großartige Fantasywelten, ist halt auch ein krasser Kontrast zu der eher enttäuschenden Rahmenhandlung. Es ist also nur natürlich, dass Dan Scanlons Werk für gemischte Gefühle sorgt.
Außerdem ist es wohl wichtig zu erwähnen, dass die meisten Passagen, Gags und Anspielungen nur funktionieren, wenn man sich für den grundsätzlichen Inhalt interessiert. Bei Kindern stellt sich diese Frage gar nicht erst, doch die größeren und faltigeren Kinder unter euch sollten sich vor einem Kinobesuch ehrlich fragen, ob sie mit diesem Thema überhaupt etwas anfangen können. Wer Pen and Paper für Zeitverschwendung hält, bei „Herr der Ringe“ eingeschlafen ist und wer denkt, dass „Das Schwarze Auge“ eine Bindehautentzündung ist, wird in diesem Pixar-Werk wohl eher nicht glücklich werden.
Zum einen, weil diese Rollenspiel- und Fantasywelten quasi den Hauptteil des Inhalts ausmachen und zum anderen, weil ihr ansonsten knapp 90% der Anspielungen und des Humors gar nicht verstehen könnt. Abseits davon hat „Onward: Keine halben Sachen“ zwar eine große Portion Gefühle und eine geschickt in die Geschichte eingeflochtene Charakterentwicklung zu bieten, diese Parts machen jedoch lediglich einen kleinen Teil des Films aus und funktionieren daher nur äußerst bedingt als Grund für einen Kinobesuch. Wer aus den oben beschriebenen Inhalten jedoch nur Positives ziehen kann, braucht gar nicht weiter darüber nachdenken, ob sich der Kauf eines Tickets lohnt, denn die Antwort lautet ja.
Technische Aspekte
Leider (oder zu meinem Glück) wurde der Film der Presse im Originalton vorgestellt, was bedeutet, dass ich euch zwar erzählen kann wie gut Tom Holland, Chris Pratt und Co. ihren Job gemacht haben (und das haben sie), jedoch nicht weiß, wie sehr sich die deutschen Synchronsprecher ins Zeug gelegt haben und wie gut ihre Stimmen zu den Charakteren passen. Und nur anhand von einigen deutschsprachigen Trailern rühre ich dieses Eisen nicht an. In diesem Fall kann ich euch nur empfehlen, die besagten Trailer einmal selbst zu sichten. Wenn euch gefällt, was ihr dort zu hören bekommt, ist die Sache klar. Andernfalls wohl genauso.
Wenig überraschend dürfte es sein, dass „Onward“, typisch für Pixar, fantastisch aussieht. Die Liebe zum Detail ist wieder allgegenwärtig und es gibt nur wenige Punkte auf der Kontraseite, die allesamt zur Kategorie ‘Motzen auf hohem Niveau’ gehören. Lediglich in zwei/drei Szenen wirken die Bewegungsanimationen etwas abgehackt, ansonsten gibt es keine Möglichkeit, mit der Brechstange der negativen Kritik anzusetzen. Die musikalische Untermalung ist zudem geschickt gewählt und passt perfekt zu dem Thema. Auch hier können sich Fans der zahllosen Vorlagen wieder über manch eine clever platzierte Anspielung freuen.
Fazit
Der grobe Handlungsrahmen in „Onward: Keine halben Sachen“ ist, wenn überhaupt, durchschnittlich und die Thematik sehr speziell. Wer mit Rollenspielwelten und Fantasygeschichten nicht viel anfangen kann, wird mit diesem Pixar-Werk wohl nicht glücklich. Abseits davon ist der Film von Regisseur Dan Scanlon jedoch äußerst unterhaltsam, sehr witzig und zudem überaus liebenswert. Die typische Pixar-Formel hat sich auch hier wieder bezahlt gemacht und wer Elfen, Magie und Drachen mag, wird „Onward“ höchstwahrscheinlich lieben.
Bewertung: 4/5****
Filmkritik von Heiner “Gumpi” Gumprecht, 03.03.2020