„Old“ Filmkritik: M. Night Shyamalan und die Thanatophobie

Am 29. Juli 2021 kommt der neue Thriller von Regisseur M. Night Shyamalan in die Kinos: Old. Wie von Shyamalan zu erwarten, ist das Werk höchst unkonventionell, in vielerlei Hinsicht überraschend und mit einem Ende versehen, dass dem zuvor Gezeigten einen neuen Anstrich verpasst. „Old“ ist unangenehm, doch vor allen Dingen ist der Film schwierig, denn er weigert sich nicht nur, nach gängigem Rezept zu kochen, sondern auch, sich an relevante Regeln beim Filmemachen zu halten.

Inhalt von „Old“ Filmkritik: M. Night Shyamalan und die Thanatophobie

von Heiner Gumprecht | 27.07.2021

Am 29. Juli 2021 kommt der neue Thriller von Regisseur M. Night Shyamalan in die Kinos: Old. Wie von Shyamalan zu erwarten, ist das Werk höchst unkonventionell, in vielerlei Hinsicht überraschend und mit einem Ende versehen, dass dem zuvor Gezeigten einen neuen Anstrich verpasst. „Old“ ist unangenehm, doch vor allen Dingen ist der Film schwierig, denn er weigert sich nicht nur, nach gängigem Rezept zu kochen, sondern auch, sich an relevante Regeln beim Filmemachen zu halten.

old kinofilm Horror Szene 001Bild: Szene aus dem Horrorfilm „Old“ (2021). ©Universal Studios

Old: Zur Handlung

Shyamalans neuer Film dreht sich um die Ehelaute Guy (Gael Garcia Bernal) und Prisca (Vicky Krieps), die mit ihren Kindern Trent (Nolan River) und Maddox (Alexa Swinton) zum Urlaub in ein kleines, luxuriöses Ressort am Meer fahren. Der bezaubernde Ort verfügt über alles, was sich ein gestresster Arbeitnehmer nur wünschen kann, um den harten Alltag zu vergessen und ein wenig abzuschalten. Besonders gut geht das an einem kleinen, relativ versteckten Strand, den nur wenige Besucher kennen und der wunderschön ist.

Doch der Ort ist alles andere als traumhaft, denn eine mysteriöse Kraft sorgt hier dafür, dass Menschen deutlich schneller altern als normal. Bereits nach wenigen Stunden sind aus Kindern Teenager geworden, Krankheiten, die normalerweise erst über viele Jahre zum Problem werden, befinden sich plötzlich im Endstadium und der Tod kommt nicht langsam und auf leisen Sohlen, sondern plötzlich und nicht selten brutal. Den Strand verlassen kann außerdem niemand, denn wer es versucht, fällt einfach in Ohnmacht …

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Bild: Szene aus dem Horrorfilm „Old“ (2021). ©Universal Studios

Old: Eine Kritik

Solltet ihr Kinofilme eher hin und wieder anschauen, euch als Gelegenheitskinogänger bezeichnen oder bereits von vornherein eher das Ziel haben, euch oberflächlich berieseln zu lassen, könnt ihr mit „Old“ vielleicht eure Freude haben. Auch wenn das Wort hier etwas unangebracht sein könnte, schließlich ist „Old“ keineswegs ein Feel-Good-Movie. Wer hingegen schon so einiges gesehen hat, gerne tiefer schürft, als nur an der Oberfläche zu kratzen, einen gehobenen Anspruch hat oder sich selbst sogar als Cineast sieht, hat mit dem Film wohl eher ein Problem.

Shyamalans Thriller ist zwar sehr ungewöhnlich und mutig genug, neue Wege zu beschreiten, doch gleichzeitig schießt er auf der einen Seite teilweise weit über das Ziel hinaus, während er auf der Anderen nicht einmal ansatzweise ein Mindestmaß an Niveau erreicht. So interessant die Prämisse auch ist, an der Umsetzung hapert es vorne und hinten, mittendrin und auch sonst quasi überall. Die Liste an negativen Kritikpunkten ist ungewöhnlich lang, die Argumente, die für „Old“ sprechen, dafür enttäuschend kurz.

Auf der Proseite verbucht der Film in erster Linie die ungewöhnliche Idee, die zumindest schnell Interesse aufbaut und auf diese Weise kaum Konkurrenzwerke kennt. Wer also einfach mal etwas Neues sehen möchte, ist hier ziemlich sicher richtig. Außerdem kann man dem Thriller noch anrechnen, dass zumindest mit den teilweise stark festgefahrenen Vorgehensweisen in Hollywood des Öfteren gebrochen wird und man sich getraut hat, neue Wege zu beschreiten.

Alle anderen Komplimente, die ich „Old“ noch machen könnte, wären aus weiter Ferne herbeigezogen und fallen schlussendlich auch kaum ins Gewicht. Der größte Teil dieses Films lebt leider lediglich von seiner Einzigartigkeit und hat abseits davon kaum bis nichts zu bieten. Vor allen Dingen anspruchsvolle Kinogänger werden enttäuscht, da die Qualität teilweise an überambitionierte Low-Budget-Produktionen erinnert.

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Bild: Szene aus dem Horrorfilm „Old“ (2021). ©Universal Studios

Old: Was alles schief lief

Der Erzählstil von „Old“ ist qualitativ fragwürdig und wird durch die technischen Tricks, die verwendet werden, um den Zuschauer hinters Licht zu führen, nur noch schlimmer. Die Dialoge sind schlichtweg anspruchslos und teilweise so unangenehm kurios, dass es nicht nur unmöglich ist, sich mit den Figuren zu identifizieren, sondern Fremdschämen zur neuen Realität für geneigte Kinogänger wird. Noch problematischer wird dieser Umstand dadurch, dass dem Publikum nicht zugetraut wird, selbst denken zu können.

Einfach alles – jede Wendung, jede Überlegung und jede psychologische Entwicklung – wird erklärt, beziehungsweise ausgesprochen. Und leider auch noch ziemlich plump. Dieser Umstand ist auf mehreren Ebenen enttäuschend, doch vor allem gestaltet es sich so besonders schwierig, sich in die Geschichte einfühlen zu können und mehr zu tun, als sich lediglich oberflächlich unterhalten zu lassen. Es mag hart klingen, doch nicht selten erinnert die Darstellungsform der Geschichte an Laientheater.

Die schauspielerische Leistung der Darsteller ist passenderweise von Anfang bis Ende maximal durchschnittlich, selten zufriedenstellend. In einigen Fällen sogar enttäuschend bis beleidigend schlecht. Viele Leerläufe, Logikfehler und technische Fauxpas mindern die Qualität des Films noch weiter, während die Inkonsequenz in viel zu vielen Bereichen jegliche Chance endgültig beerdigt, „Old“ in irgendeiner Weise ernst nehmen zu können.

Der Thriller hat übrigens auch nur eine wirklich gruselige Szene, während der Rest des Films sich nicht zu trauen scheint, es dem Zuschauer wirklich unangenehm zu machen. Während die Geschichte also meist vor sich hin dümpelt, stellen sich nicht einmal die Nackenhaare dabei auf, mit der eigenen Sterblichkeit und der Sterblichkeit der Liebsten konfrontiert zu werden, weil die Umsetzung zu handzahm geraten ist und das Gezeigte einfach zu kurios wirkt, als das man sich in die Situation einfühlen könnte.

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Fazit

Die Idee von „Old“ ist clever und grundsätzlich wäre auf dieser Basis ein guter, angenehm unangenehmer und intelligenter Film möglich gewesen. Stattdessen liefert M. Night Shyamalan allerhöchstens lauwarme Kost ab, die in beinahe allen Bereichen stark zu wünschen übrig lässt. „Old“ ist nicht wirklich gruselig, kaum spannend, kann weder technisch überzeugen noch durch die Leistung der Darsteller und ist durchgehend aus den falschen Gründen kurios. Dieser Film kann eigentlich niemandem vorbehaltlos empfohlen werden.

Bewertung: 2/5**

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Bild: Das Poster zum Horrorfilm „Old“ (2021). ©Universal Studios