NEVER LET GO ist ein oberflächlich solider Film. Ein paar gute Spannungsmomente, stimmungsvolle Aufnahmen im Wald, ein paar Gruselmomente. Die sorgen aber auch dafür, dass der Film nicht überzeugen kann. Denn er weiß nie, ob er nun ein Drama über eine mental gestörte Mutter oder nicht doch lieber ein Horrorfilm über das Böse im Wald sein will.
Never Let Go – Zur Handlung
Eine Mutter lebt mit ihren Kindern Sam und Nolan im Wald. Um sie herum haust das Böse. Sicher sind sie nur im Haus, oder wenn sie mit einem Seil mit dem Haus verbunden sind. Nur so können sie hinaus in den Wald, um nach Nahrung zu suchen. Aber nur die Mutter sieht das Böse, die Kinder haben es nie erlebt. Was aber auf jeden Fall real ist: Dass sie langsam alle verhungern.
Nolan beginnt daran zu zweifeln, dass seine Mutter die Wahrheit sagt.
Never Let Go – Eine Kritik
An einem frühen Zeitpunkt legt die Geschichte nahe, dass es eine Psychose der Mutter ist, die vielleicht auch schon auf den ältesten Sohn übergegangen ist. Der Film orientiert sich also an THE VILLAGE, nur dass er kein Mysterium daraus macht, sondern sich gebärdet, als wäre er ein Drama. Nur ist er das leider nicht. Denn Regisseur Alexandre Aja setzt auf die Manipulation des Zuschauers. Das Böse zeigt er nur durch die Augen der Mutter, dann wiederum hat er Szenen, die nahelegen, dass sie eben doch nicht spinnt.
Funktioniert hätte das Ganze als Drama, wenn man auf das Zeigen jedweder übernatürlichen Präsenz verzichtet hätte. Dann hätte NEVER LET GO ein packender Film über eine toxische Mutter-Kinder-Beziehung sein können. Aber Aja möchte beides. Er möchte das Drama, und er möchte den Horror. Am Ende ist sein Film weder das eine, noch das andere, sondern nur ein narratives Ärgernis. Er opfert die Logik seiner eigenen Geschichte für billige Twists, die sich aber nicht aus der Geschichte heraus ergeben, sondern nur weitere Fragen aufwerfen, mit denen unterstrichen wird, dass hier einfach nichts zusammenpasst.
Das ist schade, denn die drei Hauptdarsteller sind gut, die Stimmung ist gut, das dramatische Gefühl auch. Aber immer dann, wenn es dem Film in den Kram passt, verhalten sich Figuren atypisch zu dem, wie sie bisher gezeichnet wurden. Weil die Story sonst in eine Sackgasse geriete. Das ist mieses Storytelling und da jeder gute Film auf einer noch besseren Geschichte fußt, reißt das NEVER LET GO in den Bereich des ärgerlichen Horror-Bodensatzes hinunter. Ein Film mit Potenzial, das brutal verschenkt wurde.