Mike Flanagan hat sich im Lauf der Jahre einen sehr guten Ruf erarbeitet – nicht nur mit „Spuk in Hill House“ –, sondern mit all seinen Genre-Arbeiten. Denn Flanagan ist nicht nur Regisseur, sondern auch Autor. Seine Geschichten sind ganz und gar seine Vision. Er versteht es, den Horror in das normale Leben langsam hineinkriechen zu lassen. Flanagans Geschichten sind immer auch Dramen, was den Horror umso schrecklicher werden lässt.
Inhalt von Midnight Mass – Wer glaubt, wird ewig leben (Serienkritik)
von Peter Osteried |
Die Horror-Serie „Midnight Mass“ ist seit dem 24. September bei Netflix zu sehen. Hier ist unsere Kritik zur neuen Serie von Mike Flanagan.
Mike Flanagan hat sich im Lauf der Jahre einen sehr guten Ruf erarbeitet – nicht nur mit „Spuk in Hill House“ –, sondern mit all seinen Genre-Arbeiten. Denn Flanagan ist nicht nur Regisseur, sondern auch Autor. Seine Geschichten sind ganz und gar seine Vision. Er versteht es, den Horror in das normale Leben langsam hineinkriechen zu lassen. Flanagans Geschichten sind immer auch Dramen, was den Horror umso schrecklicher werden lässt.
Bild: Midnight Mass (c) Netflix
Midnight Mass – Zur Handlung
Crocket Island ist eine kleine Insel mit nur 127 Einwohnern. Riley Finn kommt nach Hause zu seinen Eltern zurück, nachdem er auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen wurde. Seine alte Freundin Erin ist auch wieder im Ort – schwanger und als Lehrerin in der kleinen Schule tätig. Die Gemeinde erwartet die Rückkehr von Monsignor Pruitt, dem Priester, der seit Jahrzehnten auf Crocket Island lebt. Aber an seiner Stelle kommt der junge Vater Paul zur Insel.
Vater Paul hat eine Mission, eine Agenda, von der er niemandem berichtet. Er ist zur Insel gekommen, auf das sich alles verändern möge – und es beginnt mit einem Wunder, das dem Wirken Jesu gleicht …
Bild: Midnight Mass (c) Netflix
Midnight Mass – Eine Kritik
Man muss sich auf „Midnight Mass“ einlassen. Denn Flanagan erzählt im Grunde im Fernsehen so, wie es Stephen King in der Literatur macht. Er nimmt sich Zeit für den Ausbau der Figuren und der Welt, in der sie leben. Das macht die ersten zwei, drei Episoden ein wenig langsam, denn der Horror geschieht hier nur an der Peripherie. Ein Gefühl der Bedrohung wabert über die Kleinstadt, ist aber niemals greifbar, weder für die Protagonisten, noch für den Zuschauer. Spannend ist „Midnight Mass“ dennoch, weil die siebenteilige Miniserie auch als ein Drama funktioniert. Gäbe es in der ganzen Geschichte kein übernatürliches Element, hätte Flanagan dennoch eine packende Geschichte daraus machen können.
Doch er liebt das Genre, und er zeigt erneut, wie man Horror sich langsam entfalten lassen und damit umso mehr Wirkmacht erzielen kann. Bei der Gestaltung ließ ihm Netflix freie Hand. So haben fast alle Folgen eine Laufzeit von mehr als einer Stunde. Flanagan setzt dabei auf elaborierte Dialoge. Er gestaltet erstaunlich lange Szenen, die man so im Fernsehen nur selten zu sehen bekommt, garniert mit in ihrer Philosophie mitreißenden und wohlgeformten Dialogen, bei denen das Anhören schon die pure Freude ist. Spannung erzeugt Flanagan auch, wenn er wie in der fünften Folge über weite Strecken nur zwei Menschen in einem Raum miteinander reden lässt.
Optisch ist „Midnight Mass“ hervorragend. Flanagan spielt mit der Form. In der zweiten Folge finden die Bewohner der Insel tote Tiere am Strand. Flanagan nutzt hier eine extrem lange, durchgehende Einstellung mit beweglicher Kamera, die erst den einen Protagonisten folgt und dann zu den anderen wechselt. Inszenatorisch ist dies eine wirklich virtuose Produktion.
Aber auch inhaltlich kann sie punkten. Dies ist Horror auf hohem Niveau, wobei der religiöse Aspekt perfekt mit allem verwoben ist. Er erlaubt es Flanagan sogar, einem altehrwürdigen Thema des Genres mit gänzlich neuem Blick zu begegnen, wobei er zugleich eine religiöse Gemeinschaft präsentiert, die in ihrem Glauben so eingebettet ist, dass alles – selbst das Schlimmste – als Gottes Wunsch erklärt werden kann.
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Fazit
Eine großartige Miniserie – im Grunde ein gut siebenstündiger Film, der mit fein austarierten und entwickelten Charakteren das Drama der Geschichte perfekt bedient, es dann aber auch sehr schön mit dem Horror der Situation kombiniert. Darüber hinaus ist der religiöse Aspekt hervorragend, weil er einerseits die Gefahr religiösen Eiferns erkundet, andererseits aber zeigt, wie leicht das Böse zum Guten umformuliert werden kann.
Bewertung: 5/5*****
Bild: Midnight Mass (c) Netflix