Alien: Covenant Filmkritik — Des Meisters Höhen und Tiefen

Solltet ihr zu der Gruppe von Außenseitern per Wahl gehören, die internationale Kritiken zu neuen Kinofilmen verfolgen, wird euch vielleicht aufgefallen sein, dass sich die Meinungen zu Ridley Scotts spätesten Werk, „Alien: Covenant“, stark voneinander unterscheiden. Manch einer spricht von alten Stärken des Meisters, die wiedergefunden wurden und ganz andere dagegen von langweiligem Einheitsbrei der Marke Klischeehorror. Wie so oft im Leben steckt das Alien hier im Detail und die Wahrheit ist etwas komplizierter als der Schein …

Inhalt von Alien: Covenant Filmkritik — Des Meisters Höhen und Tiefen

Solltet ihr zu der Gruppe von Außenseitern per Wahl gehören, die internationale Kritiken zu neuen Kinofilmen verfolgen, wird euch vielleicht aufgefallen sein, dass sich die Meinungen zu Ridley Scotts spätesten Werk, „Alien: Covenant“, stark voneinander unterscheiden. Manch einer spricht von alten Stärken des Meisters, die wiedergefunden wurden und ganz andere dagegen von langweiligem Einheitsbrei der Marke Klischeehorror. Wie so oft im Leben steckt das Alien hier im Detail und die Wahrheit ist etwas komplizierter als der Schein …

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Keine neuen Ufer

Covenants Vorgänger, „Prometheus“, versprach uns einst so viele Antworten, geliefert wurden jedoch vor allen Dingen neue Fragen und viele lose Enden, die es noch zu verknüpfen galt. Bei solch einem gewagten Ansatz müsste man ja fast meinen, die Genies hinter diesem Werk hätten große Pläne und ab einem gewissen Punkt wird der unnötig komplizierte und unbefriedigende Auftakt der Alien-Vorgeschichte ins Gegenteil verkehrt und der Aha- und Oho-Effekt kann eintreten.

Doch nichts davon ist beim Sichten des Films geschehen. „Covenant“ liefert nur wenige Antworten und konzentriert seine Bemühungen lieber darauf, die frühen Werke von Schöpfer Ridley Scott zu kopieren, statt auch nur einen Fuß auf unbekanntes Terrain zu setzen oder sich zumindest zu „Prometheus“ zu bekennen. Ganz im Gegenteil sogar, das Werk scheint sich regelrecht für seinen direkten Vorgänger zu schämen, vermeidet fast jedes einzelne Alleinstellungsmerkmal, welche das Prequel sein Eigen nennen konnte und heftet sich stattdessen an das Original von 1979.

Der Atmosphäre hat das im direkten Vergleich zwischen den beiden Filmen sichtlich gut getan, keine Frage und bevor ich mich weiter darüber auskotze, warum „Covenant“ so viel weniger ist, als es eigentlich sein könnte und müsste, möchte ich diese Zeilen nutzen, um hervorzuheben, dass — trotz allem, was ihr gleich vielleicht noch lesen werdet — dieses Werk absolut nicht schlecht ist. Als klassischer Horrorfilm funktioniert er wunderbar und wer neu in diesem Kinogenre ist, kann sich vielleicht sogar ein bisschen in die düstere Welt dieses Teils verlieben.

Die Probleme, die diesen Film belasten, sind jedoch ebenfalls nicht von der Hand zu weisen. Scott plagiiert sich über weite Strecken selbst und hat in seinem Vorgehen deutlich an Biss und Einfallsreichtum verloren. Technik, Bildeinstellungen, Schnitt, etc. sind zwar solide und anschaulich, aber auch kein bisschen mehr. Seinerzeit war das hervorragendes Kino, heute sollte ein Film dieser Größenordnung aber zumindest mit der direkten Konkurrenz mithalten können, statt sich nur selbst in den Schwanz zu beißen.

Frau vs. Alien

Was nützt es dem Kinogänger, wenn ein Film über einen spannenden Aufbau und packende Atmosphäre verfügt, wenn er/sie sich nicht mit den handlungstragenden Figuren identifizieren kann? Die Besatzung der Covenant ist leider ein Haufen klischeebeladener Schubladenmenschen, die allesamt aus der ersten Alien-Trilogie ausgeliehen wurden. Bis hin zur Protagonistin (Katherine Waterston).

Waterston und Michael Fassbender (in einer Doppelrolle als die Androiden Walter und David) spielen zwar auf hohem Niveau und sind ihr Geld mehr als Wert gewesen, doch wo der eigene Charakter nur wenig hergibt, kann auch das beste Schauspiel nicht mehr viel ausmachen. Verstärkt wird dieser Effekt durch die — wenn überhaupt — schwer nachzuvollziehenden Handlungen/Gedanken der Anwesenden. Möglicherweise wirkt sich Kälteschlaf im All ja auf die Hirnaktivitäten aus …

Was die Handlung dieses Werks angeht und das Niveau, mit welchem die großen drei Fragen des Vorgängers beantwortet werden, kann ich leider nur genervt mit den Augen rollen. Ja, man hat sich eine halbwegs anständige Geschichte einfallen lassen, aber nein, wirklich Mühe haben sich die Drehbuchautoren John Logan und Dante Harper nicht gegeben. Auch hier werden erste Ansätze aus „Prometheus“ wieder fallen gelassen und neue Richtungen eingeschlagen, die in Wirklichkeit nur alte Trampelpfade sind, die wir nur einfach schon lange nicht mehr benutzt haben.

Will sagen, die Fakten, die das Prequel noch vorgegeben hat, werden weitgehend ignoriert und (teilweise) ad absurdum geführt. Daher nicht wirklich zum Besseren, zumindest meiner bescheidenen Meinung nach, nichtsdestoweniger zumindest mit einem Ende, dass lose Fäden in der Erzählung endlich vernäht und damit dem Fanherzen gewisse Befriedung beschert. Auch wenn andere verfranzte Enden dafür mit dem Feuerzeug abgefackelt und vergessen wurden.

Bildschön

Scotts Arbeit ist in Hinsicht auf die CGI-Effekte – die Tricktechnik im Allgemeinen – über so gut wie jede negative Kritik erhaben. Im Vergleich mit ähnlichen Filmen der letzten Monate lässt Covenant seine Mitbewerber weit hinten zurück. Kostüme, Monsterdesign, Setting — einfach alles ist eine Belohnung dafür, als Mensch ein Augentier zu sein. Dank der passenden, düsteren und stets sorgfältig zur Szene ausgesuchten Musikuntermalung, entsteht ein Kinofilm, der schon aus diesen einfachen Gründen sein Geld wert sein kann.

Gleichzeitig gelingt es den Machern, die Welten von „Prometheus“ und „Alien“ miteinander zu verbinden und, rein vom ästhetischen Aspekt her, eine anziehende und gefallende Atmosphäre zu konstruieren. Durch die Konzentration auf klassischen Horror, statt auf viel Sci-Fi und Erklärungen um eine Spezies, die es schon gar nicht mehr gibt, bekommen Zuschauer wenigstens in diesem Sinne etwas geboten.

Fazit

Altmeister Ridley Scott findet mit „Alien: Covenant“ in der Tat zu alten Stärken zurück, jedoch nicht so, wie sich viele von uns dieses Szenario erhofft hatten. Statt mit neuen, frischen Ideen die Kinosäle zu erobern, macht Scott mehrere Schritte rückwärts und kopiert lieber seine frühen Werke. Nicht schlecht, mit packender Atmosphäre und schön klassischen Horroreinlagen, nichtsdestoweniger faul und uninspiriert.

„Covenant“ ist bildgewaltiger Sci-Fi-Horror mit wirklich grandiosen Sequenzen und erstklassiger Tricktechnik, doch lässt Storytelling und Logik zu wünschen übrig. Gleichsam geraten die Hauptfiguren in den Hintergrund und selbst zentrale Charaktere werden sträflich vernachlässigt. Unterm Strich bleibt ein solider Film ohne echte Alleinstellungsmerkmale. Klassischer Horror ohne neue Ansätze. Ridley Scott, als wäre es noch immer 1979.

Kinostart für Alien: Covenant ist am 18.05.2017.

Bewertung: 3/5***

Filmkritik von Heiner “Gumpi” Gumprecht, 12.05.2017