Am 04.10.2018 wird der Actionfilm “Venom”, unter der Regie von Ruben Fleischer, veröffentlicht. Was von dem Werk zu erwarten ist, stand jedoch lange in den Sternen, schließlich ist die angepeilte Fahrtrichtung eine recht kontroverse. Auf eigenen Beinen soll die beliebte Anti-Helden-Figur stehen, darf allerdings nichts mit dem „Marvel Cinematic Universe“ zu tun haben, und wenn wir schon einmal dabei sind, kann auf die Comic-Vorlage im weitesten Sinne auch verzichtet werden …
Kann das weg oder …!?
Da stellt sich natürlich schnell die Frage, welche Zielgruppe sich von einer solchen Produktion eigentlich angesprochen fühlen soll. Optisch mag diese Variante des außerirdischen Symbionten zwar dem Original nacheifern, in Sachen Tiefenplanung haben die beiden dann aber herzlich wenig gemeinsam. Fans des gezeichneten Erzählstils müssen also mehr als ein Auge zudrücken, denn von diesen Veränderungen ist nicht nur die Persönlichkeit des schwarzen Ungetüms betroffen, sondern ebenfalls seine Herkunftsgeschichte.
Ohne Spider-Man und Co. mussten an vielen Ecken und Enden Abänderungen erfolgen und leider kann ich nicht behaupten, dass diese sonderlich originell wären. Um genau zu sein, wurde sich bei den Kollegen aus dem Bereich klassischer Science-Fiction der eine oder auch andere Baustein ausgeliehen, während das grobe Zusammenspiel aus Hauptfigur Eddie Brock (Tom Hardy) und Alien-Symbiont stark in Richtung Buddy-Movie der 80er Jahre geht.
Der gesamte Rest ist eine Aneinanderreihung von etwas Fanservice hier, angedeuteter Brutalität dort und jeder Menge Austausch von semi-witzigen Sprüchen zwischen den beiden unfreiwilligen Partnern. Hin und wieder reicht das aus, um ein Schmunzeln zu entlocken, manchmal schafft es die Geschichte sogar, für einen kurzen Moment Spannung aufzubauen. Diese Augenblicke vergehen jedoch genauso schnell, wie sie gekommen waren.
Für Nicht-Kenner der Comicvorlage – oder wenigstens einer der zahllosen Trickserien, in welchen Venom bereits seine Auftritte hatte – präsentiert sich Fleischers Werk also ähnlich unattraktiv. Der Aufbau mag interessant, an einigen Stellen sogar gekonnt umgesetzt worden sein, auf Länge des gesamten Spielfilms reicht dies jedoch nicht aus. Das liegt vor allen Dingen daran, dass der zweite Akt quasi übersprungen wird und es nach der Einführung direkt mit einem gezogenen Finale weitergeht.
Die Entwicklung der beiden Hauptfiguren wirkt entsprechend äußerst gehetzt. Viele Themen werden nur angeschnitten, vermeidlich witzige Ideen verdrängen von Minute zu Minute zusehends die Geschichte, lassen schnell eine Aneinanderreihung von einzelnen Szenen entstehen, die sich eher schlecht als recht zusammenfügen. “Venom” wird schnell zu einem Best-Of der Drehbuchautoren-Ideen, verliert dabei den eigentlich eingeschlagenen Weg aus den Augen.
Hinzu kommt, und das auf äußerst unerfreuliche Art, dass der Gegenspieler in dieser Geschichte ziemlich blass wirkt. Der größenwahnsinnige Bösewicht präsentiert sich in erster Linie als gemein, beim zweiten Blick eher traurig in seiner eingefahrenen und eindimensionalen Vorgehensweise. Und ganz zum Ende ist er nicht mehr und nicht weniger als eine Ausrede, um die Geschichte voranzutreiben.
Mit den Nebendarstellern sieht es kaum anders aus, wirken die Figuren ganz genauso wie ihre Geschichte, wie der lieb- und lustlose Versuch, beim MCU zu spicken. Da man sich im Anschluss jedoch herzlich wenig Mühe gegeben hat, mehr als die Fassade der Figuren aufzubauen, bleiben sie so leichenblass und schubladenartig wie der böse Widersacher.
Nichts und niemand der, beziehungsweise die in “Venom” zu sehen ist, kann sich als mehr bezeichnen als der gescheiterte Versuch eine Welt um die Hauptfigur(en) zu konstruieren. Sie sind in ihrer Daseinsberechtigung darauf beschränkt, um Tom Hardy (“Band of Brothers”, The Dark Knight Rises”, “Warrior”) herum zu tänzeln, ihm den sprichwörtlichen Ball zuzuspielen und Szenen miteinander zu verknüpfen. Manchmal sogar diesen überhaupt ansatzweise Sinn zu verleihen.
Im gleichen Atemzug versprüht „Venom“ eine Selbstsicherheit in Sachen Fortsetzung, die fast schon bewundernswert ist, in diesem Moment allerdings nichts an dem negativen Eindruck ändern kann, den der erste und vielleicht auch schon letzte Film aus dieser Reihe in spe hinterlässt. Sollte er irgendwann einmal das Sprungbrett für größere Filme gewesen sein, ist er doch hier und jetzt gleichgültig und deswegen nicht weniger enttäuschend.
Technisch hochwertig
Inhaltlich mag “Venom” nicht viel zu bieten haben; weder der Film noch die gleichnamige Figur. Optisch gilt allerdings bei beiden eine andere Devise. Denn in diesem Fall ist den Machern ein schönes Stück Hollywood-Geschichte gelungen. Ob es um das Design des Symbionten geht, die actionlastigen Sequenzen oder auch die Fähigkeiten des schwarzen Alien. Alles sieht top aus und wird durch die Nutzung von 3D eher noch untermalt als gestört.
Da Spider-Man in dieser Version fehlt und es Venom entsprechend nicht möglich war, sich mit dem freundlichen Superhelden aus der Nachbarschaft zu verbinden, fehlen markantes Logo auf der Brust und spinnenähnliche Kräfte komplett. Wenigstens in diesem Bereich haben Ruben Fleischer (“Zombieland”, 30 Minuten oder weniger”, “Gangster Squad”) und das vierköpfige Drehbuchautorenteam einigermaßen ansprechende Arbeit geleistet. Zugegeben, ein schwacher Trost für solche, die sich das Original gewünscht haben und relativ uninteressant für jene, die nicht einmal wissen, wer der Kerl mit der langen Zunge eigentlich ist.
In Sachen schauspielerischer Leistung ist alles ganz genau so, wie es zu erwarten war. Tom Hardy spielt mit Begeisterung und Talent. Doch seine Anstrengungen werden im Verlauf der Geschichte stets ein bisschen mehr bedeutungslos. Die restliche Bande wuselt hauptsächlich um ihn herum und bewegt sich irgendwo zwischen lauwarmem Mittelmaß, sichtbarer Langeweile und gelegentlichen Höhenflügen von Seiten Riz Ahmed (“Nightcrawler”, “Four Lions”, “The OA”), welcher, wie oben schon erwähnt, sowieso einen undankbaren Job hatte.