Steve Carell ist ohne Frage ein äußerst beliebter und auch facettenreicher Schauspieler, der sich sowohl in Komödien als auch im Drama zuhause fühlt. Und obwohl er beinahe immer einen sehr guten Job abliefert, fokussiert sich sein Schauspiel doch oftmals lediglich zu fünfzig Prozent auf seine Rolle, die andere Hälfte ist einfach nur er selbst, die Privatperson Steve. In manchen Filmen sowie Serien ist das gar nicht weiter schlimm, da es zur Ausarbeitung passt, in anderen Werken wirkt der Star aus „The Office“ nichtsdestoweniger fehlbesetzt.
Inhalt von „The Patient“ Serienkritik: Steve Carell & Domhnall Gleeson in einer Thriller-Serie
von Heiner Gumprecht | 22.11.2022
Steve Carell ist ohne Frage ein äußerst beliebter und auch facettenreicher Schauspieler, der sich sowohl in Komödien als auch im Drama zuhause fühlt. Und obwohl er beinahe immer einen sehr guten Job abliefert, fokussiert sich sein Schauspiel doch oftmals lediglich zu fünfzig Prozent auf seine Rolle, die andere Hälfte ist einfach nur er selbst, die Privatperson Steve. In manchen Filmen sowie Serien ist das gar nicht weiter schlimm, da es zur Ausarbeitung passt, in anderen Werken wirkt der Star aus „The Office“ nichtsdestoweniger fehlbesetzt.
Bild: Szene aus der TV-Serie „The Patient“ (2022). ©The Walt Disney Company
The Patient: Eine Kritik
Als die ersten Trailer zu der Mini-Serie „The Patient“ veröffentlicht wurden, galt zu befürchten, dass Carell – der hier einen Psychotherapeuten spielt, der von einem Serienkiller entführt wurde – erneut aus den falschen Gründen angeheuert wurde, da seine unverwechselbare Art sich mit seiner Rolle zu beißen schien. Doch nach zehn Folgen können wir euch erleichtert versichern, dass dem nicht so ist. Ganz im Gegenteil, der US-amerikanische Schauspieler, Produzent und Drehbuchautor vereint sein natürliches Talent in dem Drama geschickt mit seiner Figur.
Was wir leider nicht über seinen Co-Star Domhnall Gleeson sagen können, der in „The Patient“ den fiktiven John-Doe-Killer spielt, einen triebhaften Mörder, der seinen Namen erhalten hat, weil er seinen Opfern stets die Brieftasche klaut. Gleesons Charakter entführt den Therapeuten Alan Strauss, weil ihm bewusst ist, dass er Hilfe braucht, während er sich aber gleichzeitig weigert, sich zu stellen. Seine ungewöhnliche Vorgehensweise lässt auf eine interessante Persönlichkeit hoffen, die Wahrheit ist aber ernüchternd und damit enttäuschend.
Bild: Szene aus der TV-Serie „The Patient“ (2022). ©The Walt Disney Company
Die Rolle des Entführers, Sam Fortner, ist nämlich durch und durch ein Abziehbildchen von einem Killer, der in den Medien besonders oft gezeichnet wird, da er der breiten Masse an Zuschauerinnen und Zuschauern zu gefallen scheint. Diese mysteriösen Psychopathen, die Katz und Maus mit der Polizei spielen, während sie eigentlich alles daran setzen geschnappt zu werden, stehen hier Pate für einen Charakter, der abseits davon nichts zu bieten hat und bereits nach drei bis vier Folgen zu langweilen beginnt.
Gleeson spielt zwar lobenswert, doch scheitern seine Fähigkeiten an dem oberflächlichen Entwurf seiner Figur. Dadurch wirkt er stellenweise eher zweckdienlich, um nicht zu sagen lediglich notwendig. Was im krassen Kontrast zu Carells Rolle steht, die nicht nur besser geschrieben wurde, sondern auch deutlich besser in Szene gesetzt wird. Dieses Aufeinanderprallen von gegensätzlichen Leistungen durchzieht die Serie ohnehin wie ein roter Faden, vor allen Dingen mit Blick auf Handlungsdetails, die im Vordergrund stehen sollten.
Wie beispielsweise den Dialogen, bei denen sich definitiv Mühe gegeben wurde, die aber dennoch glattpoliert und zu deutlich konstruiert wirken. Selten lassen sie einen echten Menschen erkennen, der vielschichtig und tiefgründig sein kann, stattdessen ebnen sie oft einfach nur den Weg für eine weitere Idee, die die Serie tiefgründig wirken lassen soll. So werden die eigentlich dominierenden Doktor-Patient-Gespräche schnell von anderen Inhalten überschattet, auf denen zwar weniger Fokus liegt, die dafür aber funktionieren.
Bild: Szene aus der TV-Serie „The Patient“ (2022). ©The Walt Disney Company
Die Liebe zum Detail, wenn sich „The Patient“ in stillen Momenten komplett darauf konzentriert, wie Carells Figur mit der Situation umgeht, wie neue Details in seinem kleinen Gefängnis im Keller zum Vorschein kommen und wie seine Mimik seine Verfassung widerspiegelt, ist daher schnell von viel größerem Interesse als der Kern der Show, da man hier wenigstens erkennen kann, wie stark die Eigenideen wirklich sein und wie gut sie funktionieren könnten, wenn sich die Macher selbst mehr zugetraut hätten.
Stattdessen werden zu oft Ideen aus anderen Werken kopiert, Gedankenspiele werden reproduziert und manch eine Wendung wird schlichtweg eins zu eins nachgeahmt. Doch das, was „The Patient“ ordentliche Alleinstellungsmerkmale verspricht, wird immer wieder mit Nichtachtung gestraft. Zwar bleibt die Mini-Serie trotz dieser Defizite stets mindestens knapp über dem Durchschnitt, doch viel mehr ist in keiner der zehn Folgen drin, obwohl das Potenzial nicht nur sichtbar ist, es tropft quasi jeder Szene aus der sprichwörtlichen Pore.
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Fazit
„The Patient“ hat höllisch viel Potenzial, macht daraus nur leider wenig. Stattdessen werden zu viele Klischees bedient und an einer eigentlich spannenden Prämisse wird lediglich oberflächlich gekratzt. Die Mini-Serie mit Steve Carell und Domhnall Gleeson dürfte besonders für jene unter euch, die mit dem Genre noch nicht viele Berührungspunkte hatten, dennoch sehr spannend sein, mehr als ein netter Zeitvertreib für einen ansonsten ereignislosen Abend ist sie aber nicht. Eine Aneinanderreihung von tollen Ideen, die zu zaghaft umgesetzt wurden.
Die Serie startet am 30. November bei Disney+.
Bewertung: 3/5***
Bild: Poster / Key Art zur TV-Serie „The Patient“ (2022). ©The Walt Disney Company