„ROT“ Filmkritik: Sprechen wir über den großen Roten Panda im Raum

Es gibt ein paar Filmstudios auf dieser Welt, die müssen einen neuen Film nur ankündigen und schon sind Zuschauer*innen allerorts gespannt auf das Ergebnis und bis zu einem gewissen Grad sogar dazu bereit, ohne konsultierte Filmkritiken die Kinos zu stürmen. Pixar ist ein solches Studio und entsprechend groß ist bereits jetzt das Interesse an ihrem neuem Werk „ROT“. Der familienfreundliche Animationsfilm erscheint bereits am 11. März 2022, jedoch gibt es einen Haken.

Inhalt von „ROT“ Filmkritik: Sprechen wir über den großen Roten Panda im Raum

von Heiner Gumprecht | 07.03.2022

Es gibt ein paar Filmstudios auf dieser Welt, die müssen einen neuen Film nur ankündigen und schon sind Zuschauer*innen allerorts gespannt auf das Ergebnis und bis zu einem gewissen Grad sogar dazu bereit, ohne konsultierte Filmkritiken die Kinos zu stürmen. Pixar ist ein solches Studio und entsprechend groß ist bereits jetzt das Interesse an ihrem neuem Werk „ROT“. Der familienfreundliche Animationsfilm erscheint bereits am 11. März 2022, jedoch gibt es einen Haken.

Disney Pixar Animationsfilm Rot Filmszene 001Bild :Szene aus dem Animationfilm „ROT“ (2022). ©The Walt Disney Company

Denn das Werk von Regisseurin Domee Shi wird einen regulären Kinostart umgehen und kommt stattdessen direkt zu Disney+. Was nicht nur für jeden Interessierten schade ist, der oder die dort gar kein Abonnement besitzt, sondern auch Vorbehalte auslöst, denn eine Direktveröffentlichung auf einem VoD-Sender ist quasi das moderne Äquivalent zu den Direct-to-DVD-Veröffentlichungen vor einigen Jahren, die beinahe immer auf eine eher minderwertige Qualität schließen ließen. Ob dies auch bei ROT der Fall ist, verraten wir euch in unserer Kritik.

ROT: Zur Handlung

Die 13-jährige Mei Lee, im Original gesprochen von Rosalie Chiang, ist an ihrer Schule vielleicht eine Außenseiterin, davon lässt sie sich aber nicht unterbuttern. Sie präsentiert sich der Welt so wie es ihr gefällt, gibt in jedem Moment 100%, schert sich kaum über die Meinungen von anderen und ist stolze Freundin von drei anderen Mädchen, die kaum als klassisch normal bezeichnet werden können. Wäre ihre strenge Helikoptermama nicht, Mei wäre wahrscheinlich absolut zufrieden mit ihrem Leben.

Bis zu einem alles verändernden Tag, der ihre komplette Welt auf den Kopf stellt. Nachdem die Teenagerin gerade angefangen hat, sich für Jungs zu interessieren, und direkt eine höchst peinliche Situation mit ihrer Mutter hatte, die überzeugt davon ist, dass ihr kleines Mädchen für so etwas noch viel zu jung ist, verwandelt sich Mei plötzlich immer dann in einen übergroßen Roten Panda, wenn ihre Emotionen hochkochen. Natürlich ist diese Verwandlung dem Mädchen höchst peinlich und sie versucht beinahe augenblicklich, ihre Gefühle besser zu kontrollieren.

Diese Herangehensweise hat aber ein paar Schwächen im Detail, denn zum einen ist es in der Pubertät beinahe unmöglich, immer komplett ruhig zu bleiben, zum anderen gibt es durchaus Mitschüler*innen, die Mei dazu anstiften, sich weiterhin in das höchst niedliche Geschöpf zu verwandeln. Und als dann auch noch eine zuckersüße Boyband in der Heimatstadt der Protagonistin auftritt, sind alle Chancen, die Gemüter kühl zu halten, komplett verflogen. Sehr zum Missfallen von Meis Familie, die nicht besonders gut über den Panda denkt.

Disney Pixar Animationsfilm Rot Filmszene 002Bild :Szene aus dem Animationfilm „ROT“ (2022). ©The Walt Disney Company

ROT: Eine Kritik

Die ersten knapp dreißig Minuten dieser Pixar-Produktion lassen ohne weiteres Hintergrundwissen durchaus die Frage zu, warum „ROT“ nicht in den Lichtspielhäusern dieser Welt zu sehen ist. Domee Shis Film strotzt zu Beginn nur so vor einfallsreichen Ideen, treffsicheren Gags sowie einem absolut rasanten Tempo, während sowohl Teenager im entsprechenden Alter als auch Erwachsene sowie Kinder mit der Prämisse und dem Erzählstil etwas anfangen können. Ein Film, der Zuschauer*innen keine Chance zum Nachdenken lässt.

Die witzigen und teilweise auch interessanten Figuren holen Disney-Plus-Abonnenten genauso ab wie die humorvolle Präsentation und die unterschwelligen Weisheiten, die man hier zu vermitteln versucht. Hinzu kommt eine beinahe makellose Grafik und eine leicht fernöstlich angehauchte Stilisierung, die auch visuell Abwechslung verspricht. Und nicht zu vergessen eine unglaubliche Liebe zum Detail, wie wir sie aus dem Hause Pixar aber auch nicht anders gewohnt sind. Würde „ROT“ dieses Niveau halten, wäre eine hohe Endwertung drin gewesen.

Aber wie ihr vielleicht schon erahnen konntet, bricht die Qualität schnell ein. Nicht in Sachen Grafik, die bleibt bis zum Abspann absolut hochwertig und lediglich ein paar Schnitzer in den Bewegungsanimationen lassen hier Platz für negative Kritik. Aber alles andere verliert im Eiltempo an Klasse und sinkt so lange in den Keller, bis der neue Pixar-Film nicht mehr und nicht weniger als eine absolut durchschnittliche Familienkomödie ist, die sich von Konkurrenzprodukten kaum unterscheidet.

Disney Pixar Animationsfilm Rot Filmszene 003Bild :Szene aus dem Animationfilm „ROT“ (2022). ©The Walt Disney Company

Das Tempo wird nach der Einführung enorm gedrosselt, um Platz für eine mittelmäßige Handlung zu bereiten, die nur noch ein jüngeres Publikum abholen kann und erwachsene Zuschauer*innen kaum mehr tangiert. Die unterschwellige Fußnote in der Erzählung geht ebenfalls über Bord, wird aber leider nicht durch andere interessante Einfälle ersetzt, weswegen die Geschichte zu großen Teilen nur noch recht oberflächlich vor sich hin dümpelt, während gelegentliche Gags die Eintönigkeit unterbrechen.

Die Stunde, die nach dem zügigen und gleichsam unterhaltsamen Einstieg folgt, wird wohl nur bei wenigen Zuschauer*innen nachhaltig in Erinnerung bleiben, nicht zuletzt, weil sich „ROT“ hier als zu handzahm und zu oberflächlich präsentiert. Abgesehen von dem offensichtlichen Panda im Raum und einem gewissen Konflikt im Finale, hat Shis Film nicht viel zu sagen und die Warmherzigkeit sowie Weisheiten anderer Pixar-Produktionen

fehlen beinahe komplett. Was diesen Animationsfilm eher zum Zeittotschläger macht.

Hinzu kommt eine gewisse Inkonsequenz, denn es werden durchaus interessante und vielleicht sogar lehrreiche Anspielungen gemacht, jedoch bleibt es in dieser Hinsicht bei einem Augenzwinkern, das Hauptaugenmerk liegt stattdessen auf Themen, die schon hundertfach durchgekaut wurden und hier nichts Neues beizutragen haben. Im Finale werden dann sogar lose Handlungsfäden einfach ignoriert, was zusätzlich an dem Gesamtbild zerrt.

Zumindest in Sachen Synchronarbeit ist es beinahe unmöglich, in irgendeiner Form negativ zu werten. Der hauptsächlich asiatische Cast liefert eine gute bis sehr gute Performance ab, während eine ruhige, unaufdringliche Musikuntermalung das Geschehen unterstreicht. Die Ausnahme bildet eine Musikeinlage im Finale, die wohl in die Kategorie Geschmackssache einzuordnen ist, aber nicht annähernd lang genug geht oder einprägsam genug ist, um eine nennenswerte Auswirkung auf die Gesamtqualität zu haben.

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Fazit

Wieder einer dieser Animationsfilme, die stark anfangen und dann genauso stark nachlassen. Eine geballte Ladung an Einfallsreichtum, Witz und einem halsbrecherischen Erzähltempo macht schnell einem 08/15-Familienfilm Platz, der sich hauptsächlich an Mädchen in einem frühen Teenageralter richtet, andere Altersklassen aber kaum abholt. Kinder dürften sich über die Albernheiten und den süßen Panda freuen, Erwachsene werden aber im Wald stehen gelassen und müssen sich schon stark anstrengen, um hier ihren Spaß zu finden.

Bewertung: 3/5***

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Disney Pixar Animationsfilm Rot Poster

Bild: Das Poster zum Animationfilm „ROT“ (2022). ©The Walt Disney Company