Als die so bezeichnete Coronakrise gerade ihren Anfang nahm und Zuschauer*innen dazu verdammt waren, in ihren eigenen vier Wänden nach Ablenkung zu suchen, kam wie aus dem Nichts die Netflix-Dokumentation „Tiger King“ um die Ecke und begeisterte die Massen von März 2020 bis März 2020. Surreale Figuren, eine absolut absurde Geschichte und viele überraschende Wendungen machten das Format zu einem kurzweiligen Trip der besonderen Art. Und dann war es auch schon wieder vorbei.
Inhalt von Joe vs. Carole: Die neue Peacoock-Serie unter der Lupe (Serienkritik)
von Heiner Gumprecht | 03.03.2022
Als die so bezeichnete Coronakrise gerade ihren Anfang nahm und Zuschauer*innen dazu verdammt waren, in ihren eigenen vier Wänden nach Ablenkung zu suchen, kam wie aus dem Nichts die Netflix-Dokumentation „Tiger King“ um die Ecke und begeisterte die Massen von März 2020 bis März 2020. Surreale Figuren, eine absolut absurde Geschichte und viele überraschende Wendungen machten das Format zu einem kurzweiligen Trip der besonderen Art. Und dann war es auch schon wieder vorbei.
Bild: Szene aus der TV-Serie „Joe vs. Carole“ (2022) © NBCUniversal
Nicht jedoch für die großen Studios, die den Hype um Joe Exotic und seine ewige Rivalin Carole Baskin natürlich mitbekommen haben, jedoch nicht verstanden, dass der Kuchen mittlerweile verputzt worden ist und lediglich kaum merkliche Krümel zurückgelassen wurden. Mit dieser Unwissenheit sprang der Video-on-Demand-Sender Peacock auf einen Zug auf, der längst entgleist war und präsentiert eine Serie, die sich nie jemand gewünscht hat: Joe vs. Carole. In Deutschland läuft das Format ab dem 04. März 2022 auf Sky.
Joe vs. Carole: Eine Kritik
Über die Handlung wollen wir an dieser Stelle gar nicht so viele Worte verlieren, denn wer die Doku auf Netflix noch nicht gesehen hat, möchte sicherlich nicht gespoilert werden, und alle anderen werden sowieso nichts Neues erfahren, denn „Joe vs. Carole“ erzählt lediglich das, was die Fans dieser grotesken Darstellung menschlicher Absonderlichkeiten bereits kennen. Nachgespielt von echten Schauspielgrößen, die hier auch eine wirklich gute Arbeit abliefern, aber nichtsdestoweniger von dem öden Drehbuch beschnitten wurden.
Das Peacock-Original zeigt einfach nur Altbekanntes und füllt Lücken zwischen größeren Ereignissen mit seichten Gags, an der Oberfläche kratzender Dramatik und weitgehend irrelevanten Unterhaltungen. Hinzu kommt manch eine Szene, die wohl komplett der Fantasie der Schreiberlinge entsprungen ist und die bereits recht sonderbaren Charaktere noch spezieller wirken lässt. Inklusive Details zu den wichtigen Figuren, deren Wahrheitsgehalt bestenfalls fragwürdig ist, meist aber eher an den Haaren herbeigezogen scheint.
Im Mittelpunkt dieses ganzen Wahnsinns steht dieses Mal jedoch nicht Joe Exotic, hervorragend verkörpert von John Cameron Mitchell, sondern seine große Gegenspielerin Carole Baskin (Kate McKinnon). Jedoch weiß die Serie nicht so recht, was sie mit der Figur anstellen soll. Wo sie in der Doku noch wie eine Frau wirkte, die genauso verdreht und vielleicht sogar bösartig ist wie Joe, stellt man sie in „Joe vs. Carole“ als Opfer häuslicher Gewalt dar, das aus seinem sprichwörtlichen Käfig ausbricht, während Joe den Weg in einen wortwörtlichen Käfig antritt.
Bild: Szene aus der TV-Serie „Joe vs. Carole“ (2022) © NBCUniversal
Irrelevante Subplots
Statt aus dieser an sich interessanten Metapher allzu viel zu machen, lenkt die Serie immer wieder mit vollkommen irrelevanten Subplots ab und verliert sich in der Darstellung von Ereignissen, die egaler und langweiliger kaum sein könnten. Lediglich die Beziehung zwischen Joe und Travis Maldonado (Nat Wolff) sowie John Finlay (Sam Keeley), die die erste Ehe des Tiger King ruiniert hat und in der Doku komplett ignoriert wurde, weckt ein gewisses Interesse bei den Zuschauer*innen, zieht den Karren aber leider auch nicht mehr aus dem Dreck.
Hauptfigur Carole hat hingegen lediglich in der ersten Folge ein paar wirklich gute Momente, was wohl der Performance von McKinnon zu verdanken ist, die bereits im Vorfeld eine humorvolle Interpretation ihrer Figur zum Besten gegeben hat. Sie verschießt all ihre Munition nur leider bereits recht früh und findet später nicht mehr zu dieser Leistung zurück, wodurch ihr Charakter immer grauer und oberflächlicher wirkt, während die Schöpfer*innen der Serie sie zu einer Art verkappter Heldin machen wollen.
Joe dient hingegen als Gegenstück, ein Mann, der beinahe seine komplette Identität durch Bewältigungsstrategien verliert und dadurch sehr tragisch und beinahe schon bemitleidenswert wirkt. Seine Rolle als Ausbeuter und Tierquäler geht dabei fast komplett verloren, ein Umstand, der überdeutlich nicht beabsichtigt war und die komplette Serie damit noch ein bisschen schwieriger zu genießen macht. Das Ergebnis ist bestenfalls ein heilloses Durcheinander, mit wenigen qualitativ hochwertigen Spitzen und ganz vielen Momenten, die zum Fremdschämen einladen.
#|modlet|HTML-Code einfügen|id=11709|#
Fazit
„Joe vs. Carole“ weiß offensichtlich nicht so recht, in welche Richtung sich die Geschichte bewegen soll und verliert sich immer wieder in irrelevanten Nebengeschichten, gleichzeitig zeigen die Schöpfer*innen dieses Werks aber auch ein Unverständnis dafür, was sie mit ihren Zugpferden anstellen sollen. Abseits dessen, was wir bereits aus Netflix’ Tiger King kennen, erfahren Zuschauer*innen hier nicht viel Neues, und die wenigen Subplots, die doch noch weitgehend unbekannt sind, könnten irrelevanter kaum sein.
Bewertung: 2/5**
Hinweis: Mehr Kritiken, News & neue Filme/Serien bei Sky Ticket findet ihr hier
Bild: Das Poster zur TV Serie „Joe vs. Carole“ (2022) © NBCUniversal