Simon Kinberg hat als Regisseur bisher nicht unbedingt Glanzleistungen erzielt, doch er hat bewiesen, dass er zumindest marginal überdurchschnittlich gute Werke abliefern kann, die für nette Abendunterhaltung zuhause ausreichend sein dürften. Mit seinem neusten Werk, dem Spionage-Thriller „The 355“, legt er eine Schippe drauf und sorgt so dafür, dass wir einen Besuch im Kino tatsächlich empfehlen können.
Inhalt von „The 355“ Filmkritik: Action mit taffen Frauen
von Heiner Gumprecht | 05.01.2021
Simon Kinberg hat als Regisseur bisher nicht unbedingt Glanzleistungen erzielt, doch er hat bewiesen, dass er zumindest marginal überdurchschnittlich gute Werke abliefern kann, die für nette Abendunterhaltung zuhause ausreichend sein dürften. Mit seinem neusten Werk, dem Spionage-Thriller „The 355“, legt er eine Schippe drauf und sorgt so dafür, dass wir einen Besuch im Kino tatsächlich empfehlen können. Jedoch nur dann, wenn eure Ansprüche nicht allzu hoch sind und ihr Filme mögt, in denen taffe Frauen bösen Männern zeigen, wo der Hammer hängt.
Bild: Szene aus dem Actionfilm „The 355“ (2022) ©SMD
The 355: Zur Handlung
Die US-amerikanische Agentin Mason Brown (Jessica Chastian) soll für die CIA einen denkbar einfachen Job zu Ende bringen. Ein ausländischer Überläufer will eine unglaublich mächtige neue Waffe verkaufen, und sich mit dem Geld absetzen, doch was als schlichte Übergabe beginnt, wird schnell zu einem Wettrennen zwischen verschiedenen Interessenspartein. Denn nicht nur die Amerikaner sind an dieser Technologie interessiert.
Auch der deutsche BND und seine Top-Agentin Marie (Diane Kruger) sind hinter der Waffe her, ebenso ein zwielichtiger Gangsterboss und Verräter in den eigenen Reihen. Es kommt daher, wie es kommen musste, und Mason geht nicht nur das Paket durch die Lappen, sie verliert auch noch ihren Partner, der vor Ort erschossen wird. Doch Zeit für Trauer bleibt ihr nicht, denn wenn sie die Waffe nicht zurückbekommt, ist die ganze Welt in Gefahr.
Daher bleibt ihr nichts anderes übrig, als mit Marie zusammenzuarbeiten und den Verbrechern hinterher zu jagen. Dafür benötigt sie die Hilfe von weiteren Expertinnen, die sich mit der Terrorbekämpfung auskennen. Dazu gehört die Computerspezialistin Khadijah (Lupita Nyong’o), die kolumbianische Psychologin Graciela (Penélope Cruz) und eine mysteriöse Chinesin (Lin Mi Sheng).
Bild: Szene aus dem Actionfilm „The 355“ (2022) ©SMD
The 355: Eine Kritik
An erster Stelle muss man „The 355“ zugute halten, dass das Werk kaum Leerläufe hat und geneigten Zuschauer*innen eine Menge Action bieten kann, die jedoch durchgehend recht bodenständig bleibt und nie in absurden Verrücktheiten ausartet. Abgesehen von dem Finale ergibt der Film in sich auch durchaus Sinn und erlaubt sich nur wenige Logikfehler oder schwer nachzuvollziehende Beweggründe. Die rasanten Szenen sind relativ gut in Szene gesetzt worden und es gibt vergleichsweise wenige Cuts in den Kämpfen.
Technisch bewegt sich Kinbergs Film im durchschnittlichen Bereich und es gibt sogar einige Ausbrecher nach oben, wirklich hochwertig und überraschend gut wird es jedoch nie, weswegen ihr vor einem Kinobesuch eure Erwartungen etwas zurückschrauben solltet. Gleiches gilt für die Handlung, die zwar grundsolide ist, jedoch keinerlei Überraschungen parat hält und strikt nach Formel F zusammengeschustert wurde. Wer bereits einige Werke in diesem Genre gesehen hat, wird die Handlung sowie die Wendungen wahrscheinlich leicht vorhersehen können.
Ähnliches gibt es über die Ausarbeitung der Charaktere zu sagen. Man merkt dem Film zwar durchaus an, dass sich die Drehbuchautor*innen Theresa Rebeck, Simon Kinberg und Bek Smith durchaus Mühe gegeben haben, keine leichenblassen und eindimensionalen Figuren zu erschaffen, mehr als Abziehbildchen von Klischeecharakteren sind die Hauptakteure aber auch nicht. Da diese jedoch durchgehend mindestens akzeptabel gut dargestellt werden, hält sich unsere negative Kritik hier ebenfalls in Grenzen.
Nicht zuletzt ist dies dem teilweise hochwertigen Cast zu verdanken, denn einige der namhaften Darsteller*innen sind in der Lage, selbst aus der eher rudimentären Vorgabe etwas Ansehnliches zu schaffen. Vor allen Dingen die Leistungen von Sebastian Stan und Penélope Cruz sind hier hervorzuheben, denn beide spielen nicht nur äußerst gut, die verpassen ihren Figuren auch gehörigen Mehrwert, den manch anderer Charakter vermissen lässt. Generell darf aber behauptet werden, dass alle Beteiligten eine solide Leistung zum besten geben.
Bild: Szene aus dem Actionfilm „The 355“ (2022) ©SMD
The 355: Gute Unterhaltung
Abgesehen von den bereits erwähnten Punkten gibt es kaum noch etwas über „The 355“ zu sagen, denn der Film hat weder nennenswerte Stärken noch Schwächen. Das ganze Werk bewegt sich durchgehend im durchschnittlichen Bereich, überrascht mal hier mit cleveren Einfällen und guter Schauspielleistung und enttäuscht an anderer Stelle mit abgedroschenen Tricks und purer Einfallslosigkeit. Eine große Ausnahme von dieser Aussage bildet jedoch das Finale, das wir an dieser Stelle als lachhaft bezeichnen wollen.
Wenn wir aber mit der Brechstange der negativen Kritik ansetzen wollen, dann können wir dies am ehesten bei den Dialogen tun, die bestenfalls zweckmäßig, manchmal aber einfach nur grauenhaft schlecht sind. Dies liegt in erster Linie daran, dass die Schöpfer*innen dieses Werks große Teile der Handlung nicht in die Szenen mit einpflegen und das Denken den Zuschauer*innen überlassen, sondern einfach in die Unterhaltungen zwischen den Figuren mit rein quetschen, was zu einem Übermaß an Expositionsdialogen führt.
Zumindest in einem Bereich darf der Film von Simon Kinberg bedingungslos gelobt werden, denn zumindest die Darstellung der beständigen Gefahr durch den Cyberterrorismus und die grundsätzliche Aussage über Gefahren für die internationale Sicherheit werden hier ohne aufgedrängte Ideologien und Nationaldenken dargestellt. Tatsächlich stellt der Film in Frage, inwiefern die großen Geheimdienste dieser Welt wirklich der Menschheit dienen oder nur ihren eigenen Interessen.
Zuletzt sei noch der Versuch von „The 355“ erwähnt, über die systematische Benachteiligung von Frauen und den Machtverhältnissen zwischen Männern und Frauen zu sprechen und diese auch glaubhaft darzustellen. Ein Versuch, der in der ersten Hälfte des Werks durchaus funktioniert und nicht selten interessante Ansätze zu bieten hat. Jedoch wird all dies in der zweiten Hälfte ruiniert, wenn viele Beobachtungen einfach plump ausgesprochen werden und der erhobene Zeigefinger durch den chaotischen Aufbau des Finales verkrüppelt wird.
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Fazit
„The 355“ von Simon Kinberg ist kein schlechter Film, wirklich gut ist er aber auch nicht. Stattdessen bietet das Werk solide Unterhaltung für Fans des Genre, jedoch ohne großartige Alleinstellungsmerkmale oder erwähnenswerte Höhen. Der Plot ist durchgehend allerhöchstens gut, meistens aber eher nur okay, und die solide Action kann den Film nicht im Alleingang stemmen. Die angestrebten Aussagen und die Belehrungsversuche der Schöpfer*innen scheitern leider aufgrund der teils lächerlichen Dialoge und das Finale ist bestenfalls enttäuschend.
Kinostart ist am 06. Januar 2022.
Tipp: Ob und wann “The 355” auch in deinem Lieblingskino läuft, erfährst du in unserem Kinoprogramm.
Bewertung: 3/5***
Bild: Das Poster zumActionfilm „The 355“ (2022) ©SMD