Der Horrorfilm „Censor“ startet am 29. Juli in den Kinos. Hier ist unsere Kritik.
Inhalt von Censor – Horror in den 1980ern (Filmkritik)
von Peter Osteried | 21.06.2021
Der Horrorfilm „Censor“ startet am 29. Juli in den Kinos. Hier ist unsere Kritik.
Bild: Szene aus “Censor” (c) Kinostar Filmverleih
Die Vorschusslorbeeren waren groß. So einige namhafte Journalisten in den USA und in Großbritannien feierten „Censor“ als großen, neuen Horrorfilm. Mehr als Durchschnitt ist bei diesem eher auf Drama, denn Horror setzenden Film aber nicht herausgekommen.
Die Geschichte, dass ein Zensor nicht mehr zwischen Realität und Fiktion unterscheiden kann, ist nicht neu. Schon in den 1990er Jahren befassten sich die Schweden mit „Evil Ed“ damit. Das war ein Splatterfilm, Censor“geht deutlich mehr in Richtung Arthaus.
Censor – Zur Handlung
1985: Die Filmzensorin Enid sieht einen Horrorfilm, der sie auf fundamentale Art und Weise verstört. Denn sie glaubt, dass die Geschichte von ihren eigenen Erlebnissen und dem Verschwinden ihrer Schwester inspiriert ist.
So macht sich Enid daran, mehr über den Filmemacher herauszufinden und sie hofft, ihre Schwester wiederzufinden. Aber ist sie überhaupt noch in der Lage, zwischen Fiktion und Realität zu unterscheiden?
Bild: Szene aus “Censor” (c) Kinostar Filmverleih
Censor – Eine Kritik
Man merkt dem Film schon an, dass da jemand mit Enthusiasmus am Werk war. Die Szenen, die alte „Video Nastys“ aus der Zeit der 1980er Jahre nachstellen, sind auch technisch sehr überzeugend. Dazu kommt, dass der Film bei seinem Auftakt mit einer Musik aufwartet, die an Goblin erinnert. Und auch beim Look des Films hat man sich gedacht. Nur leider hat man sich im Jahrzehnt geirrt.
Der gialloeske Stil des Films mit dem Farbspiel, das eines Mario Bavas würdig wäre, ist eher den 1970er als den 1980er Jahren zuzurechnen. Diesen Stil pflegte der Horrorfilm in den 1980er Jahren schon nicht mehr. Entsprechend merkwürdig erscheint er nun bei einem Film, der zur Mitte des Jahrzehnts spielt.
Dafür gelingt es Prano Bailey-Bond ganz gut, die Hysterie jener Zeit einzufangen, als die Zensoren des British Board of Film Censors in der Kritik standen, weil sie zu brutale Filme mit zu wenig Schnitten durchgewunken hatten und darum noch rigoroser durchgegriffen wurde. Es war die Zeit der so genannten „Video Nastys“, also der besonders garstigen Filme, die die Jugend verrohten und zum Kriminalitätsanstieg führten.
Dem trägt „Censor“ auch dadurch Rechnung, dass ein Killer, der einer Frau das Gesicht abgezogen hat und es gegessen hat, von „Deranged“, dem ersten Film um Serienkiller Ed Gein, inspiriert worden sein soll. Natürlich Humbug, da der Film auch zeigt, dass der Killer den Streifen gar nicht gesehen hat.
Dennoch folgte eine Verbotswelle. Etwas, das man auch hierzulande nachvollziehen kann, da die BPjM (damals noch BPjS) ähnlich rigoros vorging. „Censor“ ist also ein Film, der nicht nur für ein britisches Publikum funktioniert.
Der Stil mag anachronistisch sein, schön sieht der Film aber schon aus. Die Geschichte ist jedoch recht langsam erzählt, der Abstieg in den Wahnsinn wird nie wirklich greifbar, was auch daran liegt, dass die Hauptfigur recht unterentwickelt ist und von Niamh Algar ausgesprochen kühl gespielt wird. Das macht es uns als Zuschauer schwer, in den Film hineinzukommen, da die Identifizierung fehlt.
Richtig Fahrt nimmt der Film nie auf, er lebt mehr von der Stimmung, als von der Substanz. Ein paar gelungene Szenen gibt es aber schon. Nicht unbedingt in Hinblick darauf, dass sie gruselig wären, sondern dass sie effektiv sind. Das gilt insbesondere fürs Finale, in dem aus dem Drama dann endgültig ein Horrorfilm wird und die letzte Einstellung mit einer Doppelbödigkeit daherkommt.
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Fazit
Der Film hätte deutlich besser sein können, er hat aber zumindest reizvolle Momente, lässt die 1980er tonal gut aufleben, wird diesen aber mit dem Look nicht gerecht. Vor allem ist dies wohl ein Film für Genre-Fans, die sich noch daran erinnern, wie in den 1980er Jahren Zensoren versuchten, das Volk „zu schützen“.
Bewertung: 3/5***
Bild: (c) Kinostar Filmverleih