Bereits vor einem Jahr wurde in den USA ein Spin-Off zu der Filmkomödie The Big Lebowski veröffentlicht. Bei uns flog das Werk, in welchem John Turturro nicht nur die Regie führte sondern auch in die Hauptrolle geschlüpft ist, weitgehend unter dem Radar, weswegen kaum jemand mitbekommen hat, dass Jesus Rolls seit dem 25. März 2021 im Streaming zur Verfügung steht und am 08. April 2021 auf Blu-ray und DVD veröffentlicht werden soll. Wirklich schade ist dieser Umstand jedoch nicht.
Inhalt von „Jesus Rolls“ – Unsere Kritik zum „The Big Lebowski“-Spin-Off
von Heiner Gumprecht | 30.03.2021
Bereits vor einem Jahr wurde in den USA ein Spin-Off zu der Filmkomödie The Big Lebowski veröffentlicht. Bei uns flog das Werk, in welchem John Turturro nicht nur die Regie führte sondern auch in die Hauptrolle geschlüpft ist, weitgehend unter dem Radar, weswegen kaum jemand mitbekommen hat, dass Jesus Rolls seit dem 25. März 2021 im Streaming zur Verfügung steht und am 08. April 2021 auf Blu-ray und DVD veröffentlicht werden soll. Wirklich schade ist dieser Umstand jedoch nicht.
Jesus Rolls: Zur Handlung
In dem Spin-Off, in welchem weder Jeff Bridges als Dude einen Auftritt hat, noch John Goodman als Walter oder Steve Buscemi als Donny, dreht sich alles um eine Nebenfigur aus dem überaus beliebten Film der Coen-Brüder: Jesus Quintana (John Turturro). Der machohafte Bowlingspieler wurde frisch aus dem Gefängnis entlassen und wartet nicht einmal 24 Stunden ab, bevor er wieder Ärger macht.
Zusammen mit seinem Freund Petey (Bobby Cannavale) und der freizügigen Marie (Audrey Tautou) begeht er kleine Verbrechen, stiehlt ein Auto nach dem anderen und stellt seine Mannhaftigkeit hier und da eher schlecht als recht unter Beweis. Nachdem er dem eitlen Haarstylisten Paul (Jon Hamm) den V8 Playmouth geklaut hat, kommt es jedoch zu einer Auseinandersetzung, die damit endet, dass Jesus zusammen mit seinen beiden Freunden zu einem Roadtrip aufbricht, um den Ärger hinter sich zu lassen.
Jesus Rolls: Eine Kritik
Es ist noch gar nicht so lange her, da habe ich mir „The Big Lebowski“ noch einmal angesehen. Schließlich sind seit meiner ersten Sichtung viele Jahre ins Land gezogen und meine bezaubernde Lebensgefährtin hat die Komödie nie gesehen, obwohl ihr der Film oft empfohlen wurde. Ich hatte also reichlich Motivation für das Wiedersehen. Da ich seit meinem ersten Mal mit dem Dude viel Erfahrung als Kritiker sammeln konnte, wollte ich außerdem herausfinden, wie gut der Film für mich persönlich gealtert ist.
Mein abschließendes Urteil mag manch einen harten Fan des Werks enttäuschen, denn ich wurde nicht gerade aus den sprichwörtlichen Socken gehauen. Zwar glaube ich, relativ problemlos erkannt zu haben, warum der Film einen so großen und eisernen Fankern besitzt, doch erschloss sich mir kaum, wie man dieses Flickwerk aus wahnwitzigen Begegnungen und unbefriedigenden Pointen als Film bezeichnen konnte. Noch dazu einen Guten. Viel weniger verstand ich jedoch, wieso man sich Jahre später für ein Spin-Off über den Kinderschreck Jesus Quintana entschieden hat.
Eine Antwort, die in diesem Fall so gut wie jede andere ist, bekam ich erst ungefähr zur Mitte des neuen Werks, als ich leicht gelangweilt Zeuge davon wurde, wie John Turturro und Bobby Cannavale einen Dreier mit Susan Sarandon hatten. Keine Frage, wäre ich an der Stelle des Filmemachers gewesen, hätte ich mir als Regisseur und Drehbuchautor (beides ist Turturro in „Jesus Rolls“) vielleicht eine ähnliche Szene zum Geschenk gemacht. Zumindest, wenn mein Moralkompass zum Zeitpunkt des Schreibens defekt gewesen wäre. Viel mehr als diese Daseinsberechtigung hatte diese Einstellung jedenfalls nicht.
Und das lässt sich auf viele andere Momente in dem Film übertragen. „Jesus Rolls“ versucht den Geist von „The Big Lebowski“ einzufangen, müht sich dabei aber sichtlich und etwas zu verschwitzt ab und erreicht im Endeffekt nicht einmal einen ernstzunehmenden Prozentsatz dessen, was den Hauptfilm damals zu solch einem interessanten Produkt gemacht hat. Mit der französischen Komödie Die Ausgebufften, von dem „Jesus Rolls“ quasi eine Neuverfilmung sein möchte, hat Turturros Werk auch nicht viel am Hut, zumindest bringe ich es hier nicht übers Herz, die beiden Filme miteinander zu vergleichen.
Jesus Rolls: Ich hab mich schon besser amüsiert
Was ihr im Endeffekt also bekommt, ist eine Aneinanderreihung von einzelnen Szenen, die oft unterdurchschnittlich gut miteinander verknüpft wurden und den einen oder auch anderen Logikfehler ungeklärt im Wind verwehen lassen. Im Gegensatz zu „The Big Lebowski“ fehlt es dabei an liebenswerten und positiv verrückten Charakteren und vor allen Dingen an Menschen, mit denen man sich irgendwie identifizieren kann. Die Figuren in „Jesus Rolls“ sind fast durchgehend entweder unsympathisch oder Menschen, in denen man sich selbst nicht erkennen will.
Klar, ein/zwei Momente gibt es schon, wo sich das Grinsen auf dem Gesicht einschleicht und manch einem, der vielleicht viel auf sich und seinen Humor hält, die Frage überkommt, ob das die Nerven sind oder das eigene Niveau, das gerade fröhlich glucksend untergeht. Doch ist das eher der Beweis für die Ausnahme als für die Regel. „Jesus Rolls“ will etwas aussagen, will etwas sein, doch worum es sich dabei handeln könnte, ist reine Spekulation und die Antwort darauf wahrscheinlich bestenfalls enttäuschend.
John Turturros Film schlendert nach einem akzeptablen Anfang meist nur noch vor sich hin und freut sich über seine exzentrischen Figuren und seine nur im verqueren Sinne lebensnahen Figuren, bevor er dem geneigten Zuschauer eine Pointe präsentiert, die witzloser kaum sein könnte und der es genau an dem fehlt, von dem das Werk vorgibt viel zu haben: einen tieferen Sinn. Dann kommt der Abspann und die Frage, was genau mir der Film nun eigentlich sagen wollte. Ich nehme einfach mal an nichts, doch diese Art komplexer Antikunst ist mir aus persönlicher und professioneller Perspektive einfach zu nah an Zeitverschwendung.
Zumindest aus technischer Sicht ist der Film solide und es gab keinen Moment, der unter einen gewissen Wert der Durchschnittlichkeit gefallen wäre. Hier und dort könnte man sich durchaus beschweren, aber warum sich über drei Ameisen in der Küche aufregen, wenn unterm Teppich dreißig Kakerlaken wohnen? Die Schauspielkunst der Beteiligten lässt sich ebenfalls kaum negativ kritisieren, doch für das bisschen, was die Darsteller leisten müssen, ist das wohl auch keine nennenswerte Kunst.
Fazit
Das Spin-Off zu „The Big Lebowski“ versucht, drei Filme auf einmal zu sein und ist letztendlich keiner davon. Die Essenz des Hauptfilms kann die Konstruktion von Regisseur und Hauptdarsteller John Turturro nur erahnen lassen, für sich selbst genommen ist „Jesus Rolls“ lediglich für einige wenige Schmunzler gut und warum er kaum bis gar nicht als Neuverfilmung von „Die Ausgebufften“ bezeichnet werden kann, möchte ich hier nicht in aller Länge ausführen. „Jesus Rolls“ ist lediglich der richtige Film für ein sehr spezielles Klientel und daher in keiner Weise vorbehaltlos zu empfehlen.
Bewertung: 2/5**
Bildmaterial: (c) Eurovideo