Filmkritik: Kabul, City in the Wind – Das wahre Afghanistan

Die Dokumentation „Kabul, City in the Wind“ war für den 18. Februar angekündigt, wurde aber wegen des Lockdowns verschoben und wird erst gezeigt, sobald die Kinos wieder öffnen.

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Filmkritik von Peter Osteried | 01.02.2021

Die Dokumentation „Kabul, City in the Wind“ war für den 18. Februar angekündigt, wurde aber wegen des Lockdowns verschoben und wird erst gezeigt, sobald die Kinos wieder öffnen.

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Die auf mehreren Festivals ausgezeichnete Dokumentation ist das Langfilmdebüt von Aboozar Amini, der zuvor in seinen Kurzfilmen schon ähnliche Themen ansprach. Sein Film „Kabul, City in the Wind“ ist so etwas wie eine melancholische Liebeserklärung an seine Heimatstadt. Er zeigt ein Afghanistan, das man so nicht kennt, weil Film und Fernsehen es nie wahrhaftig darstellen.

Kabul, City in the Wind – Zur Handlung

In dem Porträt dieser Stadt konzentriert sich Aboozar Amini vor allem auf zwei Personen. Eine ist der zwölfjährige Afshin, dessen Vater das Land aus Sicherheitsgründen verlassen muss, weswegen das Kind jetzt der Mann im Haus ist. Er muss sich um die Reparaturen im Haus, um die Einkünfte und um den kleinen Bruder kümmern.

Die andere ist der Busfahrer Abas, der von Schulden geplagt ist. Sein Job ist im Chaos der afghanischen Stadt schwierig und er versucht, seine Probleme im Drogenrausch zu versenken.

Beide leben in einer gebeutelten Stadt, in der die Ökonomie am Ende ist und Selbstmordanschläge den Alltag bestimmen.

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Kabul, City in the Wind – Eine Kritik

Beinahe mutet der Film wie ein elegisches Gedicht an. Diesen Eindruck erweckt Amini durch die unaufgeregte Art, wie er die Menschen ins Bild setzt, mehr aber noch durch die Bilder der Stadt selbst, deren Häuser im Sandsturm zu verschwinden scheinen, während die Rufe des Muezzins zu hören sind.

Amini blickt auf die Menschen, die hier leben, vor allem aber auf Afshin und Abas. Er zeigt auch, dass der Tod immer in der Nähe ist. Die Selbstmordattentate haben Afshin und seinem Bruder den Vater genommen. Nicht, weil er gestorben ist, sondern weil er gehen muss, da er sonst droht, das nächste Opfer der Taliban zu werden. So zeichnet Amini das Bild einer vom Krieg erschütterten Stadt, in der das Leben fast normal erscheint, aber nur an der Oberfläche. Darunter brodelt der Schrecken, den Amini nie zeigt, durch die Erzählungen aber greifbar werden lässt.

Irgendwie ist es ein liebevolles Porträt der Stadt, aber auch eines, das wehmütig ist, weil das Leben hier alles andere als einfach ist. Das zeigt sich bei niemandem besser als bei Abas, dem Busfahrer, dessen Bus eine bessere Rostlaube ist, die zusammenbricht, weswegen er tagelang einen Mechaniker anhauen muss, um ihn notdürftig zu reparieren.

Fazit

Das Leben in Kabul ist kein einfaches. Aboozar Amini zeigt es dennoch aus einem Blickwinkel, den westliche Zuschauer kaum kennen. Denn wenn Afghanistan in fiktiven Filmen und Serien vorkommt, wird ein Bild gezeichnet, das weit abseits der Realität ist. Die Realität ist schöner und schrecklicher zugleich.

Bewertung: 4/5****

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Alle Bilder (C) Silk Road Film Salon