„Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn“ Filmkritik — Suicide Squad 2

Die neueste Comicverfilmung aus dem Hause DC hört mit vollem Namen auf nicht mehr und nicht weniger als „Birds of Prey (And the Fantabulous Emancipation of One Harley Quinn)“, womit die Schöpfer dieses Werks schon im Vorfeld durchscheinen lassen, wie ernst der geneigte Kinozuschauer das Gesehene nehmen darf und sollte.

Inhalt von „Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn“ Filmkritik — Suicide Squad 2

Die neueste Comicverfilmung aus dem Hause DC hört mit vollem Namen auf nicht mehr und nicht weniger als „Birds of Prey (And the Fantabulous Emancipation of One Harley Quinn)“, womit die Schöpfer dieses Werks schon im Vorfeld durchscheinen lassen, wie ernst der geneigte Kinozuschauer das Gesehene nehmen darf und sollte. Bei dem Film von Regisseurin Cathy Yan handelt es sich quasi um die Fortsetzung von „Suicide Squad“ aus dem Jahr 2016, jedoch mit einer wichtigen Veränderung: Abgesehen von Margot Robbie in der Rolle der Harley Quinn wurde sich von jeder einzelnen Idee des Erstlingswerks verabschiedet.

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Das schließt alle anderen Charaktere des Squad genauso ein, wie den Versuch, einen von Grund auf neu erfunden Joker zu etablieren, sowie die fehlgeleitete Vorstellung, es müsse in jedem Werk gleich um den Weltuntergang und Feinde auf göttlichem Niveau gehen. Obwohl viele Comicfans sicherlich ins Kino gehen und viel Bombast und Trara erwarten, hat die Vergangenheit gezeigt, dass ein gut geschriebenes Drehbuch immer schwerer wiegen wird als bunte Farben und Explosionen, die komplettem Nonsens entsprungen sind.

Zur Handlung

Vier Jahre sind nach den Ereignissen in „Suicide Squad“ vergangen und der Joker, Clown-Prinz des Verbrechens und ewige Geissel von Gotham City, hat sich überraschend von Harley Quinn getrennt und sie rausgeschmissen. Das erste Mal auf sich allein gestellt versucht die Ex-Psychaterin mit einem Herz aus rosa Matsch, die Trennung für sich zu behalten und die allgemeine Angst vor ihrem Verflossenen zu nutzen, um das Leben zu genießen. Doch schon bald fliegt alles auf und halb Gotham macht Jagd auf das Mädchen mit dem Baseballschläger, da diese ohne den Joker als Freiwild gilt.

Unter denen, die Harleys Tod wollen, ist auch Gangsterboss Roman Sionis alias Black Mask (Ewan McGregor), der aktuell auf der Suche nach einem sehr wertvollen Diamanten ist. Der Edelstein wurde jedoch von der Rumtreiberin Cassandra Cain (Ella Jay Basco) gestohlen, die wiederum eine gute Freundin von Dinah Lance alias Black Canary (Jurnee Smollett-Bell) ist, Sionis’ Fahrerin und Sängerin in dessen Club. Und dann wäre da noch die Polizistin Renee Montoya (Rosie Perez), die den Gangsterboss in die Knie zwingen will. Und natürlich Huntress (Mary Elizabeth Winstead), die noch eine ganz eigene Rechnung mit Black Mask offen hat …

Starke 1. Hälfte

Die erste Hälfte von „Birds of Prey“ dürfte weitgehend genau das sein, was sich viele Fans erhofft, wenn nicht sogar gewünscht haben. Eine schnelle Abfolge von Ereignissen und Gags, gepaart mit einigen Actioneinlagen und jeder Menge Harley Quinn. Explosionen, lockere Sprüche, Rauch in allen Farben und dazwischen nur äußerst kurze Verschnaufpausen. Die Geschichte wird von der Protagonistin erzählt, und zwar zeitlich durcheinander, mit einigen offensichtlichen Lügen gespickt und stets von einer funktionierenden, humorvollen Unternote begleitet.

„Birds of Prey“ profitiert über eine lange Strecke hinweg von den guten Einfällen im Bereich des Storytellings, von vielen interessanten Ideen in Sachen Bild, Kamera und Schnitt. Von einem schnellen Erzählstil, interessanten Figuren und vielen coolen Details in den Kampfszenen. Yans Film präsentiert sich in der ersten Hälfte mit Tempo und Madness, findet jedoch trotzdem Zeit, die wichtigsten Charaktere spannend sowie clever einzuführen und ein gewisses Interesse an ihnen zu wecken.

Einzig Gegenspieler Sionis, verkörpert durch Ewan McGregor, scheint noch schwächer ausgearbeitet worden zu sein als es bei einem solch durchgedrehten Actionbrett zu erwarten gewesen wäre. Seine Interpretation der Figur ist zwar stellenweise interessant, schafft es zu Beginn der Handlung jedoch nur in einer Szene, tatsächlich Tiefe und Bedrohlichkeit vermuten zu lassen. Den Rest der Zeit ist er vor allen Dingen … merkwürdig, um es vorsichtig auszudrücken. Es lässt sich schwer erraten, was McGregor mit seiner Performance erreichen wollte, doch es ist fast sicher, dass es ihm nicht gelungen ist.

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Schwache 2. Hälfte

Hätte „Birds of Prey“ das Tempo und die eingeschlagene Richtung der ersten Hälfte halten können, wäre dieser Film trotz schwächelndem Bösewicht sicherlich ein voller Erfolg geworden. Kein tiefschürfendes Werk wie „Joker“, doch auch nicht das unnötige, weibliche Pendant zu „Deadpool“, sondern eigenständiges, unterhaltsames Popcornkino mit allerlei clever durchdachten Ideen. Und das hätte vollkommen ausgereicht. Aber wir beschweren uns ja dauernd über fehlende Tiefe in der Handlung und zu wenig Ausarbeitung bei den Figuren … Und Cathy Yan hat wohl versucht, genau solche Kritik zu vermeiden.

Statt es also wie „Mad Max: Fury Road“ zu machen, und einfach von Anfang bis zum Ende Keule auf den Kopf zu geben, während sich auf das Charisma der Figuren verlassen wird, versucht „Birds of Prey“ in der zweiten Hälfte doch tatsächlich, eine richtige Geschichte zu erzählen und die Facetten in der Persönlichkeit der Figuren näher zu beleuchten. Die Leerläufe werden länger, die Szenen langatmiger und der Humor nimmt rapide ab. Die angestrebte Komplexität wird nie erreicht, stattdessen verliert sich die Handlung in dem Versuch, etwas aus den zweidimensionalen Figuren herauszuholen, das einfach nicht da ist.

Dadurch hat der Zuschauer die ungewollte Chance, in manch einer Szene mehr Details wahrzunehmen, was jedoch negative Folgen hat, denn dadurch fallen die Schwächen des Films stärker auf. Zum Beispiel, dass die vielen netten Ideen in den Kämpfen nur auf Kosten jeglicher Logik möglich sind und diese quasi mehr aus einzelnen Einstellungen bestehen als aus einer schönen, fließenden Choreografie. Oder das die Fähigkeiten der einzelnen Figuren stark situationsabhängig sind und sich stets gerade so verändern, wie es die Handlung braucht.

Im Finale versucht „Birds of Prey“ dann wieder zu alter Stärke zurückzufinden, doch an das Niveau der ersten Hälfte kommt die US-amerikanische Produktion nicht mehr heran. Die letzte Konfrontation mit dem Antagonisten hat zwar, psychologisch betrachtet, eine gewisse, bedeutungsschwangere Tiefe, ist abseits davon jedoch schlichtweg langweilig. Ironisch, wenn man bedenkt, dass der Endkampf in „Suicide Squad“ vielen noch zu übertrieben war …

Fazit

Wenn ein Film zu Beginn schwächelt, mit fortschreitender Handlung aber immer stärker wird, hat dies den Vorteil, dass sich die meisten Zuschauer nach Verlassen des Kinos eher an ein durchgehend solides Werk erinnern. Im Fall von „Birds of Prey“ ist es jedoch genau andersrum. Die Macher verschießen all ihre guten Ideen bereits in der ersten Hälfte wie ein Feuerwerk und versuchen in der Zweiten erfolglos, der Geschichte und ihren Figuren etwas mehr Tiefe zu verleihen. Das Ergebnis ist ein Streifen, der anfangs auf Grund seines immensen Einfallsreichtums begeistert und später von ähnlichen Produktionen dieses Genres kaum noch zu unterscheiden ist.

Bewertung: 3/5***

Filmkritik von Heiner “Gumpi” Gumprecht, 05.02.2020