“Creed II – Rocky´s Legacy” Filmkritik – Russia vs. USA

Nach den Ereignissen in “Creed” hat es Adonis endlich geschafft und ist Boxweltmeister im Schwergewicht geworden. Der Traum von einem Leben in der sprichwörtlichen wie buchstäblichen Sonne kann beginnen. Die Beziehung mit Freundin Bianca (Tessa Thompson) läuft fantastisch und der junge, engagierte Sportler nennt Boxlegende/Trainer Rocky Balboa (Sylvester Stallone) mittlerweile seinen besten Freund. Eigentlich steht dem Glück nichts mehr im Weg.

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Nach den Ereignissen in “Creed” hat es Adonis endlich geschafft und ist Boxweltmeister im Schwergewicht geworden. Der Traum von einem Leben in der sprichwörtlichen wie buchstäblichen Sonne kann beginnen. Die Beziehung mit Freundin Bianca (Tessa Thompson) läuft fantastisch und der junge, engagierte Sportler nennt Boxlegende/Trainer Rocky Balboa (Sylvester Stallone) mittlerweile seinen besten Freund. Eigentlich steht dem Glück nichts mehr im Weg…

Creed II Header US Kinostart

Eigentlich. Denn während Creed den Erfolg auskostet und sich an seinen Titel gewöhnt, regt sich ein alter Bekannter von Trainer Balboa. Ivan Drago (Dolph Lundgren), der Mann, der einst Adonis’ Vater, Apollo Creed, im Ring getötet hat, hat durch seine Niederlage gegen den einstigen Champion, dem L’Etalon Italien, alles verloren. Seine Karriere als Boxer war vorbei, sein Land hat sich abgewendet und seine Frau ihn verlassen.

Doch sein Sohn, Viktor Drago (Florian Munteanu), ist bei ihm geblieben, hat Tag und Nacht trainiert, um selbst irgendwann Champion zu werden und den Ruf seines Vaters wieder herzustellen. Jetzt, wo Adonis den Titel inne hat, ist sein Tag gekommen. Ein cleverer Promoter setzt alles in Gang, hetzt die beiden Kontrahenten gegeneinander auf und hofft auf einen Creed, der Rache verlangt. Der Plan scheint aufzugehen, dem Champ juckt es in den Fingern … doch Balboa, der sich noch immer für Apollos Tod verantwortlich fühlt, kann und will seinem jungen Freund bei dessen Feldzug nicht unterstützen.

Der Kampf des Jahrhunderts #2

Genau wie der direkte Vorgänger, “Creed”, konzentriert sich auch die Fortsetzung von Steven Caple Jr. auf die private sowie professionelle Laufbahn des Adonis Creed (Michael B. Jordan), ohne Urgestein Rocky Balboa (Sylvester Stallone) in den Mittelpunkt zu rücken. Gleichsam wird der Aufbau der originalen Reihe, der Grundton sozusagen, beibehalten, jedoch qualitativ und mit Blick auf die gesellschaftlichen Details, der Moderne angepasst.

Im Klartext bedeutet dies, dass der US-amerikanische Schauspieler B. Jordan in mehr als einer Weise das Gerüst des Werks mit seiner schauspielerischen Leistung zu tragen hat. Während alle anderen Punkte in diesem Sportdrama – Nebencharaktere, Handlungen im Jetzt und in der Vergangenheit, sowie Taten und kleinere Schlüsselszenen – sich um ihn drehen, wie die Planeten um die Sonne.

Eine Herangehensweise, die gerade in einem solchen Genre schnell dazu führen kann, dass die entsprechende Figur einen langweilt, das Interesse der Zuschauer sich verflüchtigt, die Geschichte sich in Belanglosem verfängt. Stattdessen ist jedoch genau das Gegenteil der Fall, da der Fokus vor allen Dingen auf dem Wechselspiel zwischen Michael B. Jordans Charakter und gewissen Umständen sowie Nebenfiguren liegt. Und diese sind nicht nur gut geschrieben, teils sogar höchst interessant, sondern auch noch tadellos von allen Beteiligten verkörpert.

Zwar kann spärlich jede Entscheidung zweifellos nachvollzogen werden und ganz bestimmt gibt es ein/zwei Szenen, die sich nur mit einiger Liebe zum Gezeigten kritiklos ertragen lassen, doch unterm Strich hat dieses Drama all das, was von einer solchen Produktion erwartet werden darf und dies, darüber hinaus, auch noch auf sehr hohem Niveau.

Eine Geschichte, über deren Ende wir gewiss streiten könnten, die bis zu diesem Punkt jedoch überraschend spannend erzählt wird, von emotionalem wie psychologischem Tiefgang profitiert und es zudem schafft, die alte Reihe, mit Sylvester Stallone in der Hauptrolle, mit dieser modernen, neuen Variante zu verbinden. Ohne Passagen der Vorlage lächerlich erscheinen zu lassen. Und wer “Rocky IV – Der Kampf des Jahrhunderts” gesehen hat, weiß sicherlich, dass dies alles andere als einfach gewesen sein kann.

Qualitativ bewegt sich dieser Film auf dem gleichen Niveau wie der direkte Vorgänger, welcher 2016 noch unter der Regie von Ryan Coogler (“Black Panther”, “Nächster Halt: Fruitville Station”) das Licht der Welt erblickt hat. Lediglich die Bereiche in welchen hier und dort mit erhobenem Zeigefinger gemotzt werden durfte und solche, die von jeglicher Kritik befreit waren, haben sich leicht verschoben. Das Menschliche musste beispielsweise einige Zentimeter Platz für Bombast machen, dafür gibt es aber auch weniger langgezogene Szenen ohne Mehrwert.

Das Ergebnis ist zwar stellenweise stark durchschaubar und nicht halb so clever, wie sich Drehbuchautoren Coogler und Cheo Hodari Coker das gedacht haben mögen – was besonders für Kenner/Fans der Originalreihe gilt -, dafür setzt es an den richtigen Punkten an, konzentriert sich auf das, was von Belang ist und nimmt sich gerade genug Zeit für Erklärungen, um einen Aha-Effekt zu erreichen, statt den geneigten Kinogänger mit belanglosen Details zu langweilen.

creed2

Viel besser geht`s nicht

Die Aspekte, die einen Film (wie sich fast jede Straftat in bewegten Bildern nennen darf) zu einem positiven Erlebnis und gleichsam einem hochwertigen Produkt machen, sind in diesem Werk durchweg überdurchschnittlich gut umgesetzt worden. Das beginnt mit dem Design der Charaktere, zieht sich über beinahe alle erzählerischen Entscheidungen und endet noch lange nicht mit der Arbeit von Kamera, Schnitt und Ton. Es ist ein detailverliebter Film, der es versteht, als Ganzes zu funktionieren, ohne die einzelnen Teile seiner selbst dabei zu vernachlässigen.

Mit Ausnahme des einen oder auch anderen Fehltritts gewisser Nebendarsteller gilt dies insbesondere für das Schauspiel der meisten Akteure. Michael B. Jordan zeigt sich in “Creed 2” in Höchstform, Tessa Thompson (“Westworld”, “Thor 3”, “Auslöschung”) spielt auf hohem Niveau und Sylvester Stallone macht, was er schon immer gemacht hat und wofür wir ihn schließlich auch lieben. Doch über all diesen wackeren Darstellern und ihren grandiosen Leistungen steht einer, den ich gerne separat erwähnen möchte.

Florian Munteanu (“Bogat”) hat kaum Screentime, nur wenig zu sagen und wirkt in seiner Ausarbeitung oftmals mehr wie eine Entschuldigung als das, was er tatsächlich ist: das bisher größte Hindernis für Creed und gleichsam ein Spiegel, der nicht das eigene Bild, sondern eine verzerrte Möglichkeit, eine theoretische Realität zeigt. Und trotzdem schafft es Munteanu in diesen seltenen Momenten, mit dem bisschen, was ihm zur Verfügung steht, seiner Figur eine ganz eigene Note und eine gewisse Tiefe/Vielschichtigkeit zu verleihen.

Fazit

An einigen Ecken gibt es noch Bedarf für Verbesserung und nicht jedes Detail in “Creed II – Rocky´s Legacy” scheint den ganzen Weg bis zum Ende hin durchdacht worden zu sein. Doch unterm Strich macht dies wenig bis gar nichts aus. Das Werk von Steven Caple Jr. ist spannend sowie auf menschlicher und storytechnischer Ebene hervorragend ausgearbeitet. Für Fans der originalen Reihe vielleicht ein bisschen zu durchschaubar, abseits davon jedoch durchgängig empfehlenswert.

Bewertung: 5/5*****

Filmkritik von Heiner “Gumpi” Gumprecht, 23.01.2019