Mit den Bestrebungen des mäuslichen Mutterkonzerns scheinbar alle seine Zeichentrick-Klassiker in mehr oder minder reale Verfilmungen umzusetzen, scheint sich Disney bei Fans der Originale wenig Freunde gemacht zu haben. Nichtsdestotrotz funktioniert der Plan. Wie es sich aber auswirkt, wenn Disney (fast) alles richtig macht bei so einem Vorhaben zeigt anschaulich „Das Dschungelbuch“: Von exzellenten Spezialeffekten bis hin zu einem Regisseur, der nicht eine Sekunde aus den Augen verliert, für wen er denn „Das Dschungelbuch“ neu auflegt.
Inhalt von Filmkritik zu “Das Dschungelbuch” (2016)
Mit den Bestrebungen des mäuslichen Mutterkonzerns scheinbar alle seine Zeichentrick-Klassiker in mehr oder minder reale Verfilmungen umzusetzen, scheint sich Disney bei Fans der Originale wenig Freunde gemacht zu haben. Nichtsdestotrotz funktioniert der Plan. Wie es sich aber auswirkt, wenn Disney (fast) alles richtig macht bei so einem Vorhaben zeigt anschaulich „Das Dschungelbuch“: Von exzellenten Spezialeffekten bis hin zu einem Regisseur, der nicht eine Sekunde aus den Augen verliert, für wen er denn „Das Dschungelbuch“ neu auflegt.
Bild oben: Neuverfilmung von Das Dschungelbuch. Kinostart ist am 14. April 2016.
Probier’s mal mit Gemütlichkeit…
Wobei die größte Leistung von Jon Faveraus („Iron Man“, „Kiss The Cook“) „Das Dschungelbuch“ wohl in der CGI-Nutzung liegt. Frech behaupten die Credits auf den letzten Metern, dass „Das Dschungelbuch“ komplett in Los Angeles gedreht wurde. Dabei hat man sich doch grade noch mit tiefstem Dschungel, Dickicht, Wasserfällen, Blumenmeeren und dezent sprechenden Tieren auseinandergesetzt. Die CGIs in „Das Dschungelbuch“ sind so etwas wie die Geheimwaffen dieser Disney Produktion. Zum einen sind sie extrem detailliert. Nicht so sehr, dass sie unnatürlich wirken, eben exakt so, wie sie sein sollten. Im Hintergrund und um all die tierisch-animierten Akteure plus Mowgli (Neel Sethi) wird eine Welt erschaffen, die echt wirkt, allerdings auch nur so bedrohlich und gefährlich, wie sie wohl sein dürfte um einem 10jährigen den Wunsch zu verpflanzen: Hier will ich niemals wieder weg. Das gilt für den menschlichen Protagonisten in Justin Marks neu aufgesetztem Drehbuch zu „Das Dschungelbuch“ genau wie für die angestrebte Zielgruppe von Heranwachsenden. Die Immersion, die dadurch entsteht, überträgt sich aber auch locker auf erwachsenes Begleitpersonal.
Ein weiterer Volltreffer, der dem CGI-Team gelang, ist die Animation von Shere Khan, Akela & Rashka, Bagheera und Konsorten. Als Basis dient der von Rhythm und Hues in „Life of Pi“ etablierte Standard und dieser findet in „Das Dschungelbuch“ konstante Anwendung. Nicht nur die Bewegungen der Dschungelbewohner wirken erstaunlich echt, sogar ihre Mimik beim Sprechen weiß zu überzeugen ohne dabei Irritationen hervorzurufen. Einzige Ausnahme auf Seiten der Animation stellt Baloo (Billy Murray) dar. Entweder beginnt der alternden Mime Murray sich selber langsam in einen tiefenentspannten Bären zu verwandeln oder gechillte Bären erinnern unfreiwillig an Bill Murray. Die einzig logische Alternative wäre, dass das für die CGI zuständige Team bei Murryas Baloo eine Ausnahme gemacht hat und eben doch ein wenig Bill mit in Baloo eingebaut hat — im Gegensatz zu allen anderen Kreaturen.
Ebenfalls nicht gut funktioniert King Louie (Christopher Walken). Dies liegt allerdings nicht an der Animation des gigantischen Gigantopithecus, sondern an Walken. Mit ihm als Stimmgeber mutiert der Riesenaffe zu einer Art Colonel Kurtz. Kindliche Zuschauer werden diese Ähnlichkeit sicher nicht verstehen, als Fremdkörper werden sie ihn gewiss wahrnehmen. Gleiches könnte auch für den ein oder anderen Song gelten, den Disney aus seinem Trickfilm-Meisterwerk übernommen hat.
Aber wenn wieder alle Weichen richtig stehen und alle Rädchen ineinander greifen, dann brilliert „Das Dschungelbuch“. Absolutes Highlight ist die Schlange Kaa (Scarlett Johansson). Wenn sie Mowgli einlullen möchte und sich um dickes Gehölz oder ein Opfer wickelt, dann ist aus den Boxen ein alptraumhaftes Rascheln von aufeinanderreibenden Schuppen zu vernehmen. In Kombination mit einer eh schon sehr abgedrehten Sequenz ein filmischer Augenblick, der kleinen Kindern und Schlangenphobikern unruhige Nächte bescheren könnte.
…und wirf alle deine Sorgen über Bord!
Ansonsten weiß Jon Faverau, wie schon in „Iron Man“, trotz dem schweren Gewicht allgegenwärtiger Spezialeffekte immer auf Kurs zu bleiben. Bereits in „Elf“ bewies er genau für so ein Unterfangen das richtige Händchen. Inhaltlich bedienen er und Justin Marks sich völlig frei aus Kiplings Vorlagen und dem Disney Klassiker. Als Gerüst dient dabei zwar deutlich offensichtlicher die typische Entwicklung eines Helden, aber dies tut dem Spaß keinen Abbruch. Denn es mangelt an eben dieser säuerlichen Erwachsenheit, die in den letzten Jahren so manches Märchen vergiftet hat.
Alles beginnt damit, dass der junge Mowgli sich in der wölfischen Ausbildung befindet. Dahin gelangte er durch eine Entscheidung des weisen Panthers Bagheera (Sir Ben Kingsley), der den jungen Menschling verlassen auffand. Seine Zieheltern sind Rashka (Lupita Nyong’o) und Akela (Giancarlo Esposito). Der junge Mowgli hinkt aus anatomischen Gründen seinen haarigen Geschwistern ein wenig hinterher und versucht sich immer wieder durch typische Menschlichkeiten einen Vorteil zu verschaffen, was wiederum jedes Mal Ärger von Bagheera gibt, denn der möchte, dass Mowgli lernt mit dem Rudel zu denken und nicht für sich alleine.
Alle Einträglichkeit aber ist dahin, als eine Dürre die Tiere zu einem „Jagdstillstand“ an der örtlichen Wasserquelle führt. Hier entdeckt nämlich der tyrannische Tiger Shere Khan (Idris Elba) den jungen Mowgli. Auf Menschen jedoch ist der bengalische Streifenträger überhaupt nicht gut zu sprechen, verdankt er ihrer brennend heißen „Roten Blume“ doch den Verlust des linken Auges. Schnarrend fordert er die Herausgabe des Jungens, wird aber von der tapferen Wolfsmutter Akela im Staredown-Contest in die Schranken gewiesen. Um nicht als Tigerfutter zu enden beschließt Mowgli in Begleitung von Bagheera dann leider doch gen Zivilisation zurückzukehren. Aber ein Überfall durch den despotischen Khan verschlägt Mowgli wieder zurück in den Dschungel und in die Pranken des gechilltesten Bären der Welt.
Teamerfolg
Natürlich kommt auch Faverau ab spätestens diesem Punkt nicht an den üblichen Achterbahnfahrten vorbei, die derartige Filme scheinbar in sich tragen müssen. Aber er erkennt auch, dass der Bär, sein Charakter und seine Kultigkeit Herz und Seele von „Das Dschungelbuch“ sind. Die Geschwindigkeit nimmt exakt so lange ab, wie es braucht um Ruhe und Gemütlichkeit im Publikum zu verbreiten. Das Zielpublikum lernt so Baloo kennen und die alten Hasen werden sich unzweifelhaft weit genug an ihren Baloo erinnert fühlen. Auch wenn Baloo 2.0 halt etwas zu viel Murray in sich trägt.
Auf Seiten der menschlichen Beteiligten machen alle einen guten Job. Einzig Walken liegt etwas neben dem Tonfall, aber dies ist eindeutig ein Fehlgriff des Castings. Hervorragend agiert Filmneuling Neel Sethi. Er bringt viel Leichtigkeit mit in den Film, hat eine extreme Lockerheit in seinen Bewegungen und wirkt wie ein 10jähriger, der einfach sehr viel Spaß daran hat, was er grade tut.
Der Soundtrack von John Debney spielt angenehm der Handlung in die Hände und die Hochwertigkeit der CGI-Effekte (und deren stetige Präsenz) machen die Investition in ein 3D Ticket zu einem seltenen Vergnügen.
Fazit
„Das Dschungelbuch“ als Realfilm, sofern man dies bei der Menge der Effekte sagen darf, funktioniert. Faverau zeigt wieder einmal, dass er für derart leichtherzige, dennoch ungemein fesselnde Projekte der richtige Mann ist. Selten hat ein Neuaufguss so viel Spaß bereitet und so zu überzeugen gewusst.
Bewertung: 4 von 5 Sternen.****
Filmkritik von Julius, 05.04.2016