Filmkritik zu Die Tribute von Panem – Mockingjay Teil 1

Hunger Games ohne Hunger Games? Geht das überhaupt? Wäre das nicht wie Big Brother ohne Kameras. Keine Sorge, so schlimm es nicht. Der nächste Teil der Jugendbuch-Dystopie funktioniert glänzend und weiß zu unterhalten — auch wenn er leider an einigen Punkten vergisst das medienkritische Haupt zu erheben.

Inhalt von Filmkritik zu Die Tribute von Panem – Mockingjay Teil 1

Hunger Games ohne Hunger Games? Geht das überhaupt? Wäre das nicht wie Big Brother ohne Kameras. Keine Sorge, so schlimm es nicht. Der nächste Teil der Jugendbuch-Dystopie funktioniert glänzend und weiß zu unterhalten — auch wenn er leider an einigen Punkten vergisst das medienkritische Haupt zu erheben.

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Aber wo waren wir stehen geblieben? Distrikt 12 wurde in rauchende Trümmer verwandelt. Katniss Everdeen wurde gerade eben erst aus der Arena gerettet, doch Pause bleibt ihr keine. Vielleicht nur Stunden später, höchstens Tage sind verstrichen, da heißt es für die tapfere Heldin: weiter im Text. Panem wird ein weiteres Mal von den Erschütterungen einer Revolution aufgewühlt, die nun aus dem geheimen Untergrund unter Distrikt 13 hervorbricht und sich über die verbliebenen Distrikte ausbreitet.

Die Hunger Games sind vorbei, aber das wirkliche Spiel hat gerade erst begonnen.

Das Jugendbuch wird erwachsen

Francis Lawrence, als federführender Regisseur, schlägt in Mockingjay Teil 1 in großen Teilen deutlich ruhigere und noch dunklerer Töne an als im Vorgänger. Viel dreht sich um Charakterentwicklung und den Aufbau einer Geschichte für deren Ende wir uns noch etwas gedulden müssen. Nicht die Hunger Games, sondern die Protagonisten und ihre Mitstreiter stehen sehr viel deutlicher im Vordergrund. Nicht alle scheinen jedoch diesem Rampenlicht gewachsen. An einige Stellen scheint Francis Lawrence sogar in Richtung eines Anti-Kriegs- Epos abdriften zu wollen. Ein Versuch, der dem Film sicher gut tut und zum Verständnis der Rebellen beiträgt, auf Grund der deutlichen Grenzziehung zwischen Gut und Böse in Mockingjay Teil 1 allerdings überflüssig ist. Zur Belohnung aber gipfeln viele dieser Ansätze in stellenweise erstaunlich brutalen Szenen, die den Widerstand der Rebellen gegen das Kapitol immer wieder in den Fokus der Geschichte rücken.

Der Cliffhanger als Lehrstunde aus dem TV

Schon dies im Hinterkopf macht beim Betrachten des Films deutlich, dass Katniss nicht die einzige ist, die sich neuen Hindernissen ausgesetzt fühlt. Francis Lawrence und Nina Jacobson werden sich, stellvertretend für ihr Team, mit der Schwierigkeit konfrontiert gesehen haben aus einem in sich geschlossenen Buch, gemäß üblicher Hollywood-Mechanismen, zwei zufriedenstellende Filme zu erschaffen. Die Idee aus Quellenmaterial, sei es auch noch so kurz, möglichst viele Filme zu ziehen, ist längst in den Köpfen der Geldgeber und Investoren verankert und wird aus diesen nicht mehr verschwinden. Die Einnahmen geben ihnen Recht. Aber, was in diesem Fall gut für die Kinokasse ist, ist oft schlecht für das Drama auf der Leinwand. Das gilt auch für Mockingjay Part 1. Der Film verbreitet ab der ersten Minute den Geschmack einer Antiklimax. Wo ein Zuschauer einen Aufbau auf ein Ende hin erwartet, erstreckt sich der Film zu einer Pause. Wie bei einer TV-Serie oder einem Konsolen-Game, welches für den Pizzaboten unterbrochen wird.

Jetzt wird der ein oder andere den Zeigefinger erheben und rufen: Das hat doch der letzte auch nicht gemacht! Stimmt (nicht ganz). Der Vorgänger endete in einem Cliffhanger. Aber er bedeutete eine Zäsur und setzte einen Punkt hinter einen wichtigen Handlungsstrang. Hunger Games adé — wie es wohl weitergeht? Wenn man dem Vorgänger wirklich etwas vorhalten wollen würde, dann dass Collins im zweiten Band ihres Opus dem ersten zu treu geblieben ist und irgendwie die gleiche Geschichte noch einmal erzählt hat. Mockingjay aber distanziert sich vom diesem bekannten Muster und zeigt deutlich auf, wie viel besser doch Hunger Games ohne Hunger Games sind. Die wahre Stärke der Filme ist nicht die Action, sondern die farbenfrohe Kultur-Satire. Genau diese bekommt in Mockingjay Teil 1 eine deutlich größere Bühne und erstreckt sich mit deutlicheren Tönen über die komplette Laufzeit des neusten Teils.

Genug zu sehen gibt es trotzdem

Keine Angst, die Action kommt dabei wirklich nicht zu kurz. Wie schon im vorherigen Teil gibt der gebürtige Österreicher Francis Lawrence ordentlich Gas. Sein Meisterstück in diesem Film ist eine geschwindigkeitsgeladenen Sequenz in der eine Rettungsmission irgendwo zwischen Zero Dark Thirty und Mission Impossible gepaart mit Glanzmomenten des Bogenschießens seitens Katniss den Zuschauer in Atem hält. Aber der eigentliche Krieg in Mockingjay ist keiner der mit Soldaten geführt wird, sondern ein waschechter Propagandakrieg. Beide Seiten versuchen auf ihre ganz eigene Art und Weise die Herzen der aufgebrachten Bevölkerung zu gewinnen und damit den Krieg für sich zu entscheiden. Die Rebellen haben dabei nicht auf das stabilste Pferd gesetzt und somit sind die Präsidentin des 13. Distrikts Alma Coin (Julianne Moore) und Plutarch Heavensbee (ein vermutlich zum letzten Mal ohne CGI auftretender Philip Seymour Hoffman, möge er in Frieden ruhen) damit beschäftigt in einem finsteren Bunker Katniss von ihrer Wichtigkeit als „Gesicht“ der Rebellion zu überzeugen.

Bild unten: Katniss in Mockingjay Teil 1

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Diese Stellen sind eine weitere Sternstunde des Films, kommen sie doch als Zerrbild der Realität rüber. Jennifer Lawrence, berühmt geworden durch die Hunger Games Reihe, spielt eine junge Berühmtheit, die seit Beginn von allen Seiten kontrolliert und für die Pläne von Dritten eingespannt werden soll. Spätesten wenn das PR-Team der Rebellen das neue Logo der Revolution präsentiert, sollte dieser Zug des Films deutlich werden. Wunderschön wird diese Metaebene durch den mal wieder nicht nüchternen Haymitch (mal wieder genial: Woody Harrelson) unterstrichen, als dieser anmerkt das ganze make-Up in Katniss Gesicht würde sie um Jugend und Authentizität bringen.

In diesen großartigen Momenten schafft es der Film anzudeuten, dass Katniss erneut nur wieder eine Marionette ist, deren Image schon wieder vor einen Karren gespannt wird. Allerdings verblast dieses negative Beigeschmack der Rebellion auch wieder schnell. Zu deutlich wurde schon in den Vorgängern die Verderbtheit des bestehenden System um Präsident Snow herausgearbeitet. Diesen Tyrannen und das Kapitol zu stürzen rechtfertigt nun wirklich beinah alle Mittel, denn schlimmer werden kann es einfach nicht.

Fazit

Unterm Strich ist „Die Tribute von Panem — Mockingjay Teil 1“ ein wirklich unterhaltsamer Film, bei dem es leicht fällt die Schwächen zu verzeihen. So der abschließende Teil den Zuschauer für diese Investition belohnt. Noch besser wäre der Beginn des Endes in Panem geraten, wäre er mit einem echten emotionalen Konflikt gewürzt worden. Was bleibt aber ist ein solider Streifen mit actiongeladenen Momenten um die zweifelnde und wunderschöne Katniss Everdeen.

Bewertung: 4 von 5 möglichen Sternen ****

Filmkritik von Julius, 20.11.2014

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