Fast & Furious 8 Filmkritik — Keinen km/h langsamer

  

Kennt ihr das? Ihr verliebt euch in einen Film, freut euch wie blöde auf die Fortsetzung und wenn sie dann kommt, seid ihr eher mittelmäßig begeistert als sprichwörtlich vom Hocker gehauen? Das Sequel verblasst, das Original wird über die Jahre immer mal wieder als abendfüllendes Unterhaltungsmedium verwendet und das Leben dümpelt vor sich hin. Drei Uhr Nachmittags. Ihr kommt an einem Kino vorbei und der Film aus der Vergangenheit ist zurück - mit Teil 8. Benebelt holt ihr euch einen Kaffee und fragt euch, wann in Hollywood eigentlich alles zu Bruch gegangen ist …

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Popcorn und Explosionen

Was diese fünf Teile angeht - die ihr offensichtlich nur deswegen verpasst habt, weil alle anderen Kinozuschauer der Welt über Nacht verrückt geworden sind und euer Verstand diesen Irrwitz gekonnt ignoriert und in den untersten Schubladen eurer Erinnerung verstaut hat -, müsste man ja meinen, dass die Qualität erfahrungsgemäß den Weg in den Keller gesucht und auch gefunden hat. Genau hier hat der Rest der Cineasten jedoch ausnahmsweise mal alles richtig und ihr alles falsch gemacht. Sie sind am Ball geblieben, ihr nicht. Also nicht derjenige von euch, der das hier gerade liest und empört die Nase rümpft, sondern jene, die sich positiv angesprochen fühlten, als angedeutet wurde, „Fast & Furious 8“ könnte aberwitziger Murks sein und ihr habt euch richtig entschieden, keinen Teil mehr mit Geld zu würdigen.

Ist es natürlich auch. Irgendwie. Aber auf einem anderen Level, als die hundertste Totgeburt einer Filmreihe, die mit dem Abschluss der Trilogie bereits ihren Zenit weit hinter sich gelassen hat. Dieser Film von F. Gary Gray („Straight Outta Compton“, „The Italien Job“, „Be Cool“) badet nicht am Meer, sondern im Schwimmbad, kocht nicht mit dem Herd, sondern mit der Fritteuse und ist definitiv zu stark für Fisherman´s Friend. Bei allen Vergleichen, eingeschlossen dem miesen Kalauer zum Abschluss, soll das Gleiche ausgesagt werden: das Niveau mag hinken, der Unterhaltungswert ist für gewisse Personen aber nachvollziehbar hoch.

Dank der Neuausrichtung, die mit gewaltigen Drängen von Mister Grimmig himself, Vin Diesel („Pitch Black“, „Zeit des Erwachens“, „Der Soldat James Ryan“), eingeschlagen wurde, hat die Filmreihe ihren ganz eigenen Mittelpunkt gefunden. Die Visionen der kahl geschorenen Köpfe hinter dem Werk und die Erwartungen der Fans, werden Stück für Stück aneinander angepasst und verschmelzen mittlerweile zu einem feuchten Traum für Actionliebhaber. Verrückte Stunts, heiße Schlitten, sexy Damen, ebenso sexy Herren und jede Menge Krach, Prügeleien und Explosionen. Was kann ein gemütlicher Freitagabend eigentlich noch mehr verlangen?

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Bis zur Unendlichkeit …

Der achte Teil der Fast-and-Furious-Reihe bildet hier noch immer keine Ausnahme. Was in der Vergangenheit in den Vorgängern geliebt wurde, wird wieder eingeführt und im Team rund um Dom Toretto integriert. Die Geschichte und verbindende Handlungsstränge werden ohne mit der Wimper zu zucken bei erfolgreichen Actionkrachern der letzten Jahre geliehen. Abseits davon besteht alles weitgehend aus den oben genannten Punkten und der einen oder auch anderen Sequenz die nur ein Ziel vor Augen hat: so noch nie im Kino gesehen worden zu sein.

Lockere Sprüche heitern die ruhigeren Passagen auf und der Rest entspricht einer Liveshow der NDH-Band Rammstein. Mehr dürft ihr nicht erwarten und mehr braucht es im Grunde auch gar nicht. Es funktioniert. Erstaunlicherweise und glaubt mir, ich würde gerne ein/zwei Takte über Filmreihen los werden, die einfach nicht merken, wann der Schuss gefallen ist. Doch wirklich viel motzen kann ich bei „Fast & Furious 8“ nicht. Der Film ist, was er sein will und dieses Outfit steht der Reihe auch heute noch gut.

Abzüge in der B-Note

Natürlich können wir diesen ganzen Berg an Worten nicht einfach so stehen lassen und euch das wohltuende Gefühl lassen, dass dieses Wochenende gerettet wäre, ohne die angesprochenen Abzüge in der B-Note auch aufzuführen. Also macht euch auf das Offensichtliche gefasst und seid bereit, unwillkürlich an Kritiken zu „Fast & Furious 7“ erinnert zu werden, den viel unterscheidet diese beiden Filme nicht voneinander. Folgende Probleme stehen dem sonst so souveränen Actionstreifen im Weg:

CGI. Ja, viele von uns mögen Action. Lieben es regelrecht, wenn rote Flammen gen Himmel züngeln und schwarzer Rauch als Zeuge der gewaltigen Explosion zurückbleibt, die gerade eben noch den Bildschirm zum Beben gebracht hat. Und größer ist manchmal tatsächlich auch besser. Wenn man es denn richtig macht. Immer mal wieder drängt sich die teils miserable CGI-Arbeit jedoch in den Vordergrund und erinnert an Videospieltrailer aus den frühen 00er Jahren.

Vin Diesel. Wieder ein Punkt, wo Pro und sein bitterböser Bruder Kontra, Hand in Hand unterwegs sind. Natürlich lieben wir die grimmige Visage von Vin Diesel und lassen uns nur zu gerne davon überzeugen, dass seine Figur der beste, tollste, cleverste was-auch-immer ist, den die Welt je sehen musste. Das ist aber kein Freifahrtschein, um so wenig Mimik wie nur menschenmöglich zu präsentieren und seinen Charakter unrealistisch und zweidimensional zu gestalten.

Die Logik. Ja, ja ich weiß, dass ich mir hier selbst ein wenig widerspreche. Ich habe ja bereits erwähnt, dass die Geschichte nicht unbedingt … sagen wir mal, das Gelbe vom Ei ist. Aber das Vakuum an Verständnis für Physik, technische Anlagen und vor allem Computersysteme ist selbst für Fans des Popcornkinos eine herbe Beleidigung. Es ist gar nicht von Nöten, auf Fehler zu achten, da „Fast & Furious 8“ euch mit solchen Unsinnigkeiten überschüttet, als sei es Sinn und Zweck dieses Werks gewesen, selbst dem letzten wandelnden Komapatienten zu vermitteln, dass die gezeigten Szenen nichts mit der Realität zu tun haben.

Fazit

Dumm, voller Logiklöcher und platt wie ein Spiegelei an einem heißen Sommertag. Aber unglaublich unterhaltsam. „Fast & Furious“ ist mittlerweile mehr Serie als Filmreihe und ich kann leider — oder zum Glück — absolut nichts dagegen einwenden, auch den neunten Teil sehen zu müssen/dürfen. Tolle Action, viele gute Sprüche, Situationskomik und ebenso heiße Frauen wie Männer und Autos. Lasst es bekloppt sein, solange ich meinen Spaß damit habe. Natürlich gibt es auch Abzüge, die sich mit dem angepeilten und eingehaltenen Niveau des Films nicht wegwischen lassen. Diese fallen aber unterm Strich in die Tonne, da der Unterhaltungswert bei weitem überwiegt.

Fast & Furious 8 startet morgen (12.04.2017) in den Kinos.

Bewertung: 4/5****

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 11.04.2017